Stopp dem Stopp: Trumps wichtigstes Dekret bleibt auf Eis

Der Präsident schäumt. Es läuft nicht rund für Donald Trump. Das Kernstück aus der Kaskade seiner Dekrete, der Einreisestopp für Menschen aus sieben islamisch geprägten Ländern, er bleibt gerichtlich ausgesetzt. "Eine politische Entscheidung!" donnert Trump, greift einmal mehr die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit seines Landes an. Rasch hämmert er in Großbuchstaben seinen Tweet in die Welt: "Die Sicherheit unseres Landes ist bedroht!" Die Entscheidung gegen ihn: eine Ohrfeige. Und jetzt?

Trumps Team überzeugt von exekutiven Vollmachten

In seiner wütenden Reaktion schrieb Trump, man werde sich vor Gericht sehen, damit dürfte er den Supreme Court gemeint haben. "Wir gewinnen das locker", sagte er Reportern am Abend. Die 29 Seiten Urteilsbegründung, die Wortwahl und die Besetzung des Obersten Gerichts lassen den Schluss zu, dass es nicht ganz so leicht werden könnte. "Diese Schlacht führt der Präsident steil bergauf", meinte der Rechtsexperte von CNN. Trumps Team dagegen ist zu 100% überzeugt von den exekutiven Vollmachten ihres Herrn.

Einstimmiges Urteil

Einstimmig fiel das Urteil, nicht nur das war überraschend. Die Art der Begründung schlägt der Regierung ihre Argumente regelrecht um die Ohren. Eine Bedrohung der nationalen Sicherheit? Wenn überhaupt, dann schlecht begründet. Bundesstaaten hätten kein Recht, eine solche Verfügung des Präsidenten anzugreifen? Haben sie aber sehr wohl. Das Urteil liest sich nicht, als habe man sich damit schwergetan.

Trumps Anhänger unterstützen Dekret

Wer den Rechtsstaat USA im Trump'schen Erlassdonner bereits zerbröseln sah, wird sich über die Unabhängigkeit eines solchen Spruches freuen. Für das zerrissene Land allerdings ist er nicht einfach. Trumps Anhänger sind zutiefst überzeugt, dass die Politik ihres Präsidenten die einzig richtige ist. Umfragen belegen, wie extrem hoch ihre Zustimmung ausdrücklich auch zu dem Dekret ist, das die Menschen aus den sieben Ländern erst einmal fernhalten soll, ebenso wie alle Flüchtlinge. Sie sind überzeugt, dass Trump Recht hat, dass großes Böses droht, wenn er es nicht fernhält von den USA. Dass die jüngsten, verheerenden Anschläge sämtlich von US-Bürgern begangen wurden, es spielt keine Rolle. Trump ist den Seinen Schirm und Schild – und der wird ihnen nun von einem Gericht genommen? "So genannter Richter" - höhnisch hat Trump schon vor Tagen wissen lassen, was er von missliebigen Gerichten hält. Einer der Berufungsrichter aus San Francisco, weiß CNN, erhalte bereits Polizeischutz.

Liberale und Linke wittern Morgenluft

Es brodelt im Land. Nach ihrem Wahlschock erwachen Liberale und Linke aus ihrer posttraumatischen Belastungsstörung, wittern Morgenluft. Trumps Anhänger wiederum sind in einem hasserfüllten Wahlkampf früh darauf eingestellt worden, dass im System der Etablierten sicher jemand versuchen werde, selbst einen gewählten Präsidenten Trump rasch wieder aus dem Weißen Haus zu entfernen. Mit dem Thema nationale Sicherheit ist in den USA nicht zu spaßen. Und nun schlagen irgendwelche Richter Trump sein Terroristen-Stoppschild aus der Hand? Fox News, TV-Hauptquelle des Trump-Lagers, am Abend: "Die Amerikaner sind nach dieser Entscheidung weniger sicher als zuvor. Wir spielen mit amerikanischen Leben." Das ist starker Tobak.

Stakkato an Dekreten

Die Präsidentschaft Donald Trumps wird am 10.02.2017 ganze drei Wochen alt. Sie hat in dieser Zeit ein ungeheures Tempo vorgelegt, ein Stakkato an Dekreten, einen Wirbel an echten und vermeintlichen Entscheidungen. Sie ruft bei den Einen echte, große Ängste um die Demokratie der USA hervor, das weisen selbst Diplomaten nicht von der Hand. Auf der anderen Seite sind die Gerichte Teil des berühmten Checks und Balances, und da scheint etwas in Bewegung zu geraten.

Oberstes Gericht muss wohl entscheiden

Nun muss es also wahrscheinlich der Supreme Court richten. Seit bald einem Jahr nicht vollständig zu neunt besetzt, wird dem Obersten Gericht ein Unentschieden von vier eher liberalen zu vier eher konservativen Richtern nachgesagt, auch wenn die Vorgänge dort etwas komplexer sind.

Kritik von eigenem Supreme-Court-Kandidaten

Dass ausgerechnet Trumps eigener Kandidat für den Richterstuhl die Justizschelte des Präsidenten nun selbst "demoralisierend und entmutigend" genannt hat, wird man auch am Supreme Court mit Interesse verfolgt haben. So wie auch die gestochen ausformulierten 29 Seiten Urteil des Bundesberufungsgerichts für den neunten Distrikt, Streitsache 17-35105: die Staaten von Washington und Minnesota gegen Präsident Donald Trump. Fortsetzung folgt.

Redaktion beck-aktuell, Martin Bialecki, 10. Februar 2017 (dpa).

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