Stimmbildnerin für Juristen: "Auch die klügste Botschaft muss richtig ankommen"

Juristinnen und Juristen arbeiten täglich nicht nur mit dem Gesetz, auch ihre Stimme ist im Berufsalltag ein wichtiges Werkzeug – bei Gericht, im Mandantengespräch oder bei Verhandlungen. Stimm-Coach Ute Bolz-Fischer erklärt, warum es sich lohnt, dieses Werkzeug zu ölen und zu schleifen.

beck-aktuell: Frau Bolz-Fischer, Sie arbeiten seit einigen Jahren als Stimm-Coach für Anwältinnen, Richter und Examenskandidaten. Warum sollten gerade Juristinnen und Juristen ihre Stimme trainieren?

Ute Bolz-Fischer: Die meisten juristischen Berufe erfordern einen ständigen und ausdauernden Einsatz der Stimme. Ob Sie vor Gericht sprechen, Verträge aushandeln oder im Mandantengespräch sind, ob Sie einen Vortrag halten oder in der mündlichen Prüfung performen müssen – so oder so, sie werden immer auch anhand ihrer Stimme beurteilt. Sie entscheidet mit darüber, ob man beim Gegenüber Sympathie und Vertrauen weckt. Und Letzteres spielt gerade in der Beziehung zwischen Anwalt und Mandant eine entscheidende Rolle.

Die Stimme ist aber auch ein Teil des Personal Brandings, das heutzutage für Juristinnen und Juristen immer wichtiger wird. Sie gehört zu Ihrer Erscheinung und entscheidet als eine Art akustische Visitenkarte mit darüber, wie Sie wahrgenommen werden. Eine gut geführte Stimme trägt somit auch zum beruflichen Erfolg bei.

"Die Stimme als Instrument einsetzen"

beck-aktuell: Aber ist es denn nicht viel wichtiger, welche Worte aus dem Juristen-Mund kommen, als mit welcher Stimme sie vorgetragen werden?

Bolz-Fischer: Natürlich. Doch auch die klügste Botschaft muss richtig ankommen. Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass die Besucher eines Vortrags, die die Stimme des Vortragenden als angenehm empfinden, wesentlich besser zuhören und sich das Gesagte eher merken.

Eine gute Stimme bringt also die Kompetenz des Sprechenden noch besser rüber. Und natürlich fühlt man sich auch wohler in der eigenen Haut, wenn man sich auf seine Stimme verlassen kann. Man wird selbstbewusster und klingt auch so.

beck-aktuell: Was macht denn eine gute Stimme aus?

Bolz-Fischer: Da gibt es verschiedene Aspekte. Ganz wichtig sind zunächst der Stimmklang und die Tonlage. Viele Klientinnen und Klienten kommen zu mir, weil ihre Stimme rau oder piepsig klingt. Manche finden sie auch zu polternd. Andere wollen einfach lernen, wie sie ihre Stimme gezielt als Instrument einsetzen können.

Denn eine gute Stimme hat Volumen und der Sprecher oder die Sprecherin verfügt über eine gewisse Modulationsfähigkeit. Das heißt, man kontrolliert die Stimme und ist in der Lage, sie der Situation angemessen anzupassen. Dazu kommt die Ausdauerfähigkeit der Stimme.

"Arbeit mit Stimme ist immer auch Anti-Stress-Training"

beck-aktuell: Sie selbst sind keine Juristin. Wie kam es dazu, dass Sie heute in der Branche arbeiten, und was macht diese Arbeit für Sie aus?

Bolz-Fischer: Das stimmt. Ich bin Sängerin und Musikwissenschaftlerin. Aber ich habe mich seit einigen Jahren auf Stimm-Coaching für Juristinnen und Juristen spezialisiert. Durch die vielen Juristen in meinem Umfeld habe ich erkannt, wie sehr in diesen Berufen mit dem gesprochenen Wort – und damit mit der Stimme – gearbeitet wird. Ich schätze den Umgang mit Juristinnen und Juristen sehr. Vor allem gefällt mir die Art und Weise, wie sie arbeiten: immer das Ziel vor Augen. Genauso arbeite ich auch.

beck-aktuell: Der Alltag in Jura-Berufen ist ohnehin oft stressig. Wieso soll man da noch Platz für Stimmtraining freiräumen?

Bolz-Fischer: Das stimmt. Aber gerade wenn wir gestresst sind, hört man das an der Stimme. Der Hals ist dann eng, viele atmen nicht richtig in den Bauch hinein. In der Folge können die Stimmbänder nicht locker schwingen und diese Belastung schlägt auf die Stimme. Arbeit mit der Stimme ist deshalb immer auch ein Anti-Stress-Training.

Für mein Stimm-Coaching war es mir sehr wichtig, dass es niedrigschwellig ist. Ich kenne den Alltag von Juristinnen und Juristen und mir ist klar, dass das Training in diesen Alltag reinpassen muss. Also habe ich Übungen und Methoden entwickelt, die sehr komprimiert und auf den anspruchsvollen Beruf der Juristinnen und Juristen zugeschnitten sind.

"Jede Stimme kann man bilden"

beck-aktuell: Was passiert bei so einem Stimmtraining?

Bolz-Fischer: Beim Stimmtraining machen wir zuerst eine Bestandsaufnahme. Worunter leidet der Klient oder die Klientin? Dann schauen wir, wo bei der Person die sogenannte Indifferenzlage ist, das heißt, wo die Stimme sich am wohlsten fühlt. Und dann machen wir eine Mischung aus Körperhaltungs- und Atemübungen, Training des Zwerchfells und gezielten Stimmübungen – zum Beispiel als Übung für Vorträge. Manche denken: "Der eine hat eine gute Stimme, der hat eben Glück gehabt, und der andere nicht". Aber genau das ist nicht der Fall. Jede Stimme kann man bilden.

beck-aktuell: Wird bei Ihnen auch gesungen?

Bolz-Fischer: Ja. Um den Klang der Stimme zu verbessern und um die Stimmbänder optimal zu kräftigen, arbeite ich auch mit gesungenen Tönen. Nur auf diese Art und Weise kann man den Stimmklang verändern. Außerdem wird beim Singen das Stresshormon Cortisol abgebaut, weshalb ich das im Grunde nur jedem empfehlen kann – und es ist wirklich schön, zu sehen, wie der Stress von den Klienten abfällt und sie ganz glücklich werden.

beck-aktuell: Ein Rat, worauf auch "ungeübte" Juristinnen und Juristen in ihrem Alltag achten können?

Bolz-Fischer: Ein wichtiger Punkt ist auf jeden Fall: nicht räuspern. Dabei werden die Stimmbänder wirklich sehr gequält! Trinken Sie lieber einen Schluck Wasser. Hilfreich ist es auch, sich einmal die eigene Atemtechnik anzuschauen. Es ist wichtig, nicht in den Brustraum zu atmen, sondern in den Unterleib. Weniger einzuatmen, dafür gezielt und lange auszuatmen. Wenn Sie dann noch darauf achten, beim Einatmen die Schultern unten zu lassen, ist das ein guter erster Schritt, um die Stimmbänder und somit auch die Stimme zu befreien.

Ute Bolz-Fischer M.A. ist Stimmbildnerin und Stimmcoach. Sie hat Gesang und Musikwissenschaft studiert. Inspiriert von ihrem juristisch geprägten Umfeld hat sie als Inhaberin von Law & Voice ein speziell auf die Bedürfnisse von Juristinnen und Juristen abgestimmtes Stimmcoaching entwickelt, das auch auf der Grundlage des Gesangs basiert. Mehr dazu auf: www.law-and-voice.de

Die Fragen stellte Denise Dahmen.

Redaktion beck-aktuell, Denise Dahmen, 7. März 2025.

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