Steinmeier betont Verantwortung des BVerfG für Europa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Deutschlands Stellung in der EU als besonderes Verdienst des ehemaligen Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle gewürdigt. Er betonte die Signalwirkung für Europa und darüber hinaus. Damit gehe eine große Verantwortung für den Zusammenhalt Europas einher, sagte er am Freitag in Karlsruhe bei einem nachträglichen Festakt zum Wechsel an der Gerichtsspitze.

Bundespräsident sorgt sich um Entwicklungen in Polen

Mit Blick auf die Entwicklungen in Polen sagte Steinmeier: "Es erfüllt mich mit großer Sorge, dass Gerichte anderer Mitgliedstaaten die Entscheidungen des BVerfG missbrauchen, um eine der fundamentalen Grundentscheidungen der europäischen Rechtsgemeinschaft – nämlich den Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht – infrage zu stellen." Dabei geht es um ein Urteil zur Europäischen Zentralbank, bei dem sich Karlsruhe über eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs hinweggesetzt hatte.

Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern als essenzielles Gut

Steinmeier betonte, eines der wesentlichen Qualifikationskriterien der Bundesverfassungsrichter und Bundesrichter sei, dass sie Persönlichkeiten seien, die für politische Unabhängigkeit Gewähr böten. Auch wenn die Auswahl der Richter ein politischer Prozess sein möge, verhinderten bestimmte Vorkehrungen, "dass ein Gericht ausschließlich oder überwiegend einseitig besetzt wird". "Die Verfahren stellen sicher, dass die Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern als essenzielles Gut im Rechtsstaat gewahrt wird."

Festakt musste 2020 wegen Pandemie ausfallen

Voßkuhle (57) war im Juni 2020 nach Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit als Verfassungsrichter von Stephan Harbarth (49) abgelöst worden, der davor lange für die CDU im Bundestag saß. Im vergangenen Jahr hatte der Festakt wegen der Corona-Pandemie ausfallen müssen.

Redaktion beck-aktuell, 12. November 2021 (dpa).