"dortmund.de" missachtet nicht Gebot der Staats­fer­ne
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Oliver Berg/dpa/picturealliance
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Das Internetangebot der Stadt Dortmund, auf dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Geschehen in der Stadt abrufbar sind, verstößt nicht gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Entscheidend sei laut Bundesgerichtshof, ob der Gesamtcharakter eines kommunalen Internetangebots geeignet ist, die Institutsgarantie der freien Presse zu gefährden. Dies sei im Fall des Dortmunder Stadtportals nicht der Fall.

Verlag klagt erfolglos gegen presseähnliches Internetangebot der Stadt 

Der Dortmunder Verlag "Lensing-Wolff", welcher neben Tageszeitungen auch digitale Nachrichtenmedien anbietet, forderte die Stadt auf, auf ihrem Internetportal neben amtlichen Mitteilungen nicht mehr auch redaktionelle Inhalte zu veröffentlichen, da dies die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit überschreite und deshalb nach § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse wettbewerbswidrig sei. Während das LG die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung überschritten sah und deshalb der Unterlassungsklage stattgab, verneinte das OLG einen Wettbewerbsverstoß und wies die Klage ab. Dem schloss sich der BGH nun an und wies die Revision von "Lensing-Wolff" zurück.

BGH: Kommunale Pressearbeit durch Gebot der Staatsferne der Presse begrenzt

Gemeinden stünden aufgrund der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich auch Äußerungs- und Informationsrechte zu. Die kommunale Pressearbeit fände ihre Grenze jedoch in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiere, so das Gericht. Das Gebot der Staatsferne der Presse schütze auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führten, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen könne. Dass "Lensing-Wolff" vorliegend nicht ein Druckerzeugnis der Stadt Dortmund, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstande, sei insofern unerheblich.

Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses entscheidend

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen seien Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Dabei sei entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet sei, die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterlägen, sei das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung könne deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägten. Die vom Berufungsgericht nach diesen Maßstäben vorgenommene Beurteilung des Internetportals der beklagten Stadt sei demnach nicht zu beanstanden.

BGH, Urteil vom 14.07.2022 - I ZR 97/21

Redaktion beck-aktuell, 14. Juli 2022 (ergänzt durch Material der dpa).