Staatsanwalt: Fehler bei Bauarbeiten führte zum Archiv-Einsturz in Köln

Warum stürzte das Kölner Stadtarchiv ein? Die Angehörigen der beiden Toten haben neun Jahre gewartet, um auf diese Frage eine Antwort zu erhalten. Jetzt bekamen sie sie vom Staatsanwalt. Ein Fehler bei den U-Bahn-Bauarbeiten hat nach Darstellung der Staatsanwaltschaft den Einsturz des Kölner Stadtarchivs ausgelöst. Ob die Darstellung Bestand hat, muss ein langer Prozess vor dem Landgericht Köln zeigen, der am 17.01.2018 begann.

Staatsanwalt: Nicht entfernter großer Steinblock war Auslöser der Katastrophe

Beim Ausbau der geplanten U-Bahn-Haltestelle Waidmarkt direkt unter dem Archivgebäude seien die Bauarbeiter 2005 auf einen Gesteinsblock gestoßen, sagte Staatsanwalt Torsten Elschenbroich. Beim Versuch, den großen Stein zu entfernen, seien die Zähne des Schaufelbaggers immer wieder abgebrochen. Daraufhin habe der Polier – der Baustellenleiter – unter großem Zeitdruck entschieden, das Hindernis dort zu belassen. In der Betonwand der U-Bahn-Haltestelle sei dadurch ein Loch entstanden, eine sogenannte Erdplombe. Durch diese Fehlstelle seien am Tag des Einsturzes am 03.03.2009 durch aufgestauten Druck große Mengen Sand und Kies in die Baustelle hineingebrochen. Daraufhin sei unter dem Archiv ein Hohlraum entstanden, sodass das sechsstöckige Gebäude einstürzte.

Fahrlässige Tötung und Baugefährdung steht im Raum

Zwei junge Anwohner wurden von Trümmern erschlagen. Das größte und bedeutendste deutsche Kommunalarchiv wurde zerstört. Nach Angaben der Stadt Köln beläuft sich der Sachschaden auf 1,2 Milliarden Euro. Angeklagt sind vier Männer und eine Frau, Mitarbeiter von Baufirmen oder den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB). Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung und Baugefährdung vor. Der angeklagte Polier soll die Baufehler direkt verursacht und bewusst vertuscht haben. Die anderen Angeklagten waren für die Bauüberwachung zuständig und sollen laut Staatsanwaltschaft bei den Kontrollen geschlampt haben.

Baufirmen gehen von Naturereignis aus

Die Baufirmen bestreiten die Vorwürfe und gehen davon aus, dass auch ein hydraulischer Grundbruch – eine Art Naturereignis, das durch Bodenverschiebungen ausgelöst wird – das Unglück verursacht haben könnte. "Entgegen der Anklage ist nicht bewiesen, dass ein Fehler in der Wand die Ursache war", sagte einer der Verteidiger. Einige der Angeklagten äußerten sich am ersten Prozesstag und beteuerten ihre Unschuld.

Neun Jahre Warten auf strafrechtliche Aufarbeitung

Die Angehörigen der beiden Toten haben neun Jahre auf die strafrechtliche Aufarbeitung des Unglücks warten müssen. Die Staatsanwaltschaft begründet den Verzug damit, dass es extrem kompliziert und langwierig gewesen sei, die Unglücksstelle zu untersuchen. Für den Prozess hat das LG mehr als 100 Verhandlungstage bis ins Jahr 2019 hinein angesetzt. Wenn bis März 2019 kein erstinstanzliches Urteil ergangen ist, verjährt die Sache.

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2018 (dpa).