StA Frankenthal: Kein Ermittlungsverfahren wegen Hakenkreuzen an Kirchenturm

Gegen zwei Personen war im Zusammenhang mit Hakenkreuzen am Turm der Jakobskirche in Herxheim am Berg eine Strafanzeige ergangen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Frankenthal/Pfalz von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen. Es habe nach dem vorgetragenen Sachverhalt kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO gegeben, heißt es in einer Mitteilung der Strafverfolgungsbehörde vom 09.04.2018, in der sie ausführlich erklärt, warum § 86a StGB nicht greift.

Hakenkreuz nur mit Fernglas zu sehen

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, haben drei Beamte der Staatsanwaltschaft Frankenthal aufgrund einer Strafanzeige am 28.03.2018 den Turm der Jakobskirche in Herxheim am Berg in Augenschein genommen. Keiner der drei Beamten konnte dort mit bloßem Auge ein Hakenkreuz entdecken. Dies gelang erst mit Hilfe eines Fernglases und einer Digitalkamera mit Teleobjektiv. Mit diesen Hilfsmitteln konnten die Beamten feststellen, dass sich tatsächlich zwei eingemeißelte Hakenkreuze am Turm auf einander gegenüberliegenden Seiten auf jeweils einem Eckstein direkt unter dem Dach befinden. Unter einem der beiden Symbole steht die Jahreszahl 1934, die mit Sicherheit auf das Entstehungsjahr des Hakenkreuzes hinweist, da in jenem Jahr die Kirche durch Brandstiftung zerstört und noch im selben Jahr mit dem Wiederaufbau begonnen worden war.

StA sieht § 86a StGB nicht erfüllt – Tatbestandsmerkmal "öffentlich" bejaht

Auch wenn manche Menschen mit besonders guten Augen die Hakenkreuze möglicherweise ohne optische Hilfsmittel erkennen können, erfülle diese Situation nicht den Tatbestand des § 86a StGB des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, so die Staatsanwaltschaft. In Betracht käme als Tathandlung allenfalls ein öffentliches Verwenden der Kennzeichen nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift. Da die Kirche sich zwar auf einem umzäunten Grundstück befinde, dessen Tor aber jedenfalls tagsüber meist offenstehe, sei das Merkmal "öffentlich“ jedenfalls gegeben.

Tatbestandsmerkmal "Verwenden" nicht gegeben

Allerdings falle bereits vom Sinn des Wortes "Verwenden“ ausgehend die bloße Kenntnis von der Existenz verbotener Kennzeichen nicht unter diesen Begriff, so die Strafverfolgungsbehörde weiter. Denn Verwenden bedeute, etwas "für einen bestimmten Zweck, zur Herstellung, Ausführung o. Ä. benutzen, anwenden". Da es laut Staatsanwaltschaft keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine der angezeigten Personen oder andere möglicherweise für den Kirchturm Verantwortliche irgendeinen Zweck mit den Hakenkreuzen verfolgen, stelle die derzeitige Situation kein Verwenden des Turms bzw. der an ihm befindlichen Symbole dar.

Auch Sinn und Zweck des § 86a StGB sprechen gegen Strafbarkeit

Letztlich sprächen auch der Sinn und Zweck des § 86a StGB vorliegend gegen eine Strafbarkeit, so die Behörde abschließend. Denn § 86a StGB wolle verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen verbotener verfassungsfeindlicher Organisationen – ungeachtet der damit verbundenen Absichten – sich wieder derart einbürgere, dass das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht werde mit der Folge, dass sie schließlich auch wieder von den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen steht, gefahrlos gebraucht werden können. Eine solche Gefahr gehe von zwei seit nunmehr 84 Jahren am obersten Teil eines abgelegenen Kirchturms angebrachten, mit bloßen Augen nicht oder nur schwer erkennbaren Hakenkreuzen nicht aus. Denn man sehe oder finde die Hakenkreuze letztlich nur, wenn man wisse, wo sie seien bzw. dass dort welche seien.

Redaktion beck-aktuell, 10. April 2018.

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