Sperrklausel in Deutschland bei der Europawahl 2019 vom Tisch

Deutsche Kleinstparteien brauchen bei der Europawahl im Mai keine Sperrklausel zu fürchten. Die geplante Regelung soll im Bundestag vorerst nicht umgesetzt werden, wie die Fraktionen der Union und der Grünen am Freitag bestätigten. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.

Union für Sperrklausel

Ein Sprecher der Unionsfraktion sagte auf dpa-Anfrage, CDU und CSU hätten sich stets für eine Sperrklausel im Europawahlrecht eingesetzt. Dies solle so schnell wie möglich umgesetzt werden. "Bedauerlicherweise haben die Grünen unter Verweis auf die Venedig-Konvention erklärt, dass Sie für eine Umsetzung des Wahlaktes für die Europawahl 2019 nicht zur Verfügung stehen."

Keine grundlegenden Wahlrechtsänderungen kurz vor Wahl

Leitlinien der sogenannten Venedig-Kommission des Europarates sehen vor, dass es in den zwölf Monaten vor einer Wahl keine grundlegenden Wahlrechtsänderungen mehr geben sollte. "Eine Sperrklausel für diese Europawahl ist vom Tisch", sagte Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, der dpa. "Die Listen sind aufgestellt, die Wahlvorbereitungen sind in vollem Gang." Ihre Partei halte sich an die Venedig-Kommission.

Einführung einer Sperrklausel von allem Mitgliedstaaten zu ratifizieren

Im Sommer 2018 hatten sich die EU-Staaten darauf geeinigt, über das EU-Wahlrecht eine verbindliche Hürde für kleine Parteien in Höhe von mindestens 2 und höchstens 5% einzuführen. Dies muss aber zuvor in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Eine entsprechende Änderung hätte im Bundestag sowie auch im Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit ratifiziert werden müssen. Die Grünen hätten einer Änderung zustimmen müssen.

Großteil der größeren Mitgliedstaaten hat bereits Sperrklauseln eingeführt

Der Unionssprecher sagte, die Union bedauere die Haltung der Grünen sehr, müsse sie jedoch – insbesondere mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat – zur Kenntnis nehmen. "Die Unionsfraktion wird weiterhin mit Nachdruck für die Einführung einer Sperrklausel im Europawahlrecht werben." Alle größeren EU-Mitgliedstaaten, die mehr als 35 Abgeordnete nach Straßburg schicken, haben bereits Sperrklauseln eingeführt – bis auf Deutschland und Spanien.

Kleinere Parteien sollen keinen Sitz im EU-Parlament mehr bekommen

Die Sperrklausel soll dafür sorgen, dass in Deutschland Parteien mit einem niedrigen einstelligen Wahlergebnis wie derzeit die Satirepartei Die Partei und die rechtsextreme NPD keinen Sitz mehr im Europaparlament bekommen.

Deutschland kann Sperrklausel wohl nicht mehr rechtzeitig einführen

Derzeit besetzen die Kleinstparteien sieben der 96 deutschen Sitze im Europaparlament. Sie hatten bei der Wahl 2014 den Einzug in das Europaparlament geschafft, weil das Bundesverfassungsgericht kurz zuvor die 3%-Hürde im deutschen Europawahlgesetz ersatzlos gestrichen hatte. Der "Spiegel" berichtete, der deutsche Vertreter bei der EU habe "offenbar" Anfang Februar 2019 in Brüssel eingeräumt, dass ausgerechnet Deutschland eine europaweite Änderung nicht mehr vor der nächsten Wahl ermöglichen könne. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte bereits im November 2018 auf dem Portal abgeordnetenwatch.de geschrieben: "Es wird keine Umsetzung vor der Europawahl 2019 geben."

Redaktion beck-aktuell, 25. Februar 2019 (dpa).

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