Frist von einem Jahr vorgeschlagen
In einem Positionspapier zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das am Dienstag von der Fraktion beschlossen wurde, heißt es: "Bisher müssen von Diskriminierung Betroffene ihre Ansprüche innerhalb von zwei Monaten geltend machen." Das sei zu kurz. Damit den Betroffenen genügend Zeit für die Verarbeitung des Erlebten und das Einholen von rechtlichem Rat bleibe, sei eine Frist von einem Jahr angemessen.
Kollektiver Rechtsschutz geplant
Außerdem solle ein kollektiver Rechtsschutz eingeführt werden, schlägt die Fraktion vor. Denn viele Betroffene scheuten die zeitliche, emotionale und finanzielle Belastung eines langwierigen Gerichtsverfahrens. Das führe bislang dazu, dass Diskriminierung in den meisten individuell erlebten Fällen nicht sanktioniert werde. Die SPD-Fraktion stellt sich hierzu zwei Neuerungen vor. Erstens: Antidiskriminierungsverbände sollen im Wege der Prozessstandschaft für betroffene Personen klagen können. Zweitens soll im AGG ein Verbandsklagerecht verankert werden. Damit könnten qualifizierte Verbände auch unabhängig von der Betroffenheit Einzelner einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gerichtlich feststellen lassen.
Auskunftsanspruch gegenüber Arbeitgebern
"Jede dritte Person in Deutschland wurde schon einmal diskriminiert – doch leider wird rechtlich zu selten dagegen vorgegangen", sagte die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Sonja Eichwede. Der Abbau struktureller Benachteiligung sei nicht Aufgabe der Opfer, sondern ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Für Betroffene und die sie vertretenden Verbände will die SPD-Fraktion außerdem einen Auskunftsanspruch gegenüber Arbeitgebern schaffen. Abgelehnte Bewerberinnen und Bewerber sollten einen Anspruch haben, die Gründe für die Nichteinstellung zu erfahren. Dieser Anspruch spiele auch mit Blick auf die zunehmende Relevanz von Entscheidungssystemen, die auf Algorithmen basieren, eine wichtige Rolle für einen effektiven Schutz vor Diskriminierung.
"Assoziierte Diskriminierung" soll aufgenommen werden
In das Gesetz aufnehmen möchte die Fraktion zudem die "assoziierte Diskriminierung". Dabei geht es um Menschen, die wegen der Nähe zu Menschen mit Diskriminierungsmerkmalen benachteiligt werden – also zum Beispiel eine Frau, die einen Job nicht bekommt, weil ihr Ehemann aus Vietnam stammt.
Diskriminierungsschutz auch in Bundesverwaltung
Ansprüche auf Schadenersatz und Entschädigung sollten nach Auffassung der SPD-Abgeordneten unabhängig davon bestehen, ob jemand vorsätzlich oder unabsichtlich diskriminiert wurde. Der Diskriminierungsschutz solle künftig außerdem den Bereich der Bundesverwaltung umfassen. "Es ist niemandem zu erklären, warum diskriminierendes Verhalten vom privaten Arbeitgeber Entschädigungsansprüche nach dem AGG auslöst, dies bei Diskriminierung durch eine Behörde jedoch nicht der Fall ist", sagte der SPD-Abgeordnete Kaweh Mansoori. "Diesen Widerspruch wollen wir auflösen."