SPD-Fraktion will klaren Rechtsrahmen im IfSG für Corona-Maßnahmen

Die SPD-Fraktion will die Gesetzesgrundlage für die Anti-Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern überarbeiten. “Der Bundestag kann und muss diese Leitplanken im Infektionsschutzgesetz differenzierter, als das bisher der Fall ist, vorgeben“, heißt es in einem Positionspapier, das am 02.11.2020 verabschiedet werden soll. Die Neuregelung sei nötig, um einen “Regelungsflickenteppich der Länder“ zu verhindern und eine effektive Bekämpfung der Pandemie zu ermöglichen.

Corona-Maßnahmen möglicherweise nicht gerichtsfest

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte, über eine Reform der vagen Regelungen im Infektionsschutzgesetz, auf die sich viele Auflagen derzeit stützen, dürfe nicht erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 beraten werden. “Die Zeit haben wir nicht. Es eilt.“ Fechner warnte: “Sonst gehen wir das ganz große Risiko ein, dass der Super-GAU eintritt und alle sinnvollen Corona-Maßnahmen von den Gerichten wegen mangelnder Rechtsgrundlagen gekippt werden.“ Fechner verwies auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29.10.2020. Das Gericht hatte es in einem Eilbeschluss zwar abgelehnt, Bayerns Sperrstunden-Regelungen vorläufig außer Vollzug zu setzen. Zugleich bezweifelten die Richter aber, ob das Infektionsschutzgesetz in seiner aktuellen Form so weit reichende und lang andauernde Eingriffe in Grundrechte rechtfertigt. Die Richter betonten in ihrem Urteil, dass sie davon ausgingen, dass die gesetzlichen Grundlagen demnächst überarbeitet würden.

Fechner fordert klare Kriterien für Grundrechtseingriffe

Fechner sagte weiter, er hoffe auf eine Verabschiedung im Bundestag noch im November. Kommende Woche soll es dazu Gespräche mit der Unionsfraktion geben. Die SPD will Bund und Ländern konkretere Vorgaben machen, “welche Schutzmaßnahmen unter welchen Voraussetzungen ergriffen werden können und wo Grenzen erreicht sind“. Für Eingriffe in Grundrechte wie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Versammlungsverbote, Kontakt- und Abstandsgebote, Erfassung von Kontaktdaten oder Tragen von Schutzkleidung müsse es klare Kriterien geben.

SPD will bundesweit gültige Rechtsverordnungen

Länderübergreifende Vorgaben etwa zu Einreisen oder innerdeutschen Reisen will die SPD-Fraktion durch bundesweit gültige Rechtsverordnungen des Bundes regeln, die der Zustimmung des Bundestags bedürften. “Bundesregierung und Landesregierung sollten Rechtsverordnungen mit einer Begründung versehen müssen, damit örtliche Behörden, Gerichte und vor allem die Bevölkerung einfach Sinn und Zweck der Verordnung erkennen können“, heißt es in dem Papier. Zudem dürften Corona-Schutzmaßnahmen von Bund und Ländern nur befristet getroffen werden. Bei wesentlichen Eingriffen des Bundes in Grundrechte der Bürger müsste der Bundestag zustimmen.

Wirksamkeit und Notwendigkeit sollen regelmäßig überprüft werden

Die Bundesregierung müsste auch regelmäßig über “Wirksamkeit und Notwendigkeit“ solcher Verordnungen berichten, heißt es in dem Entwurf. Schließlich soll der Bundestag prüfen, wie er sich “organisatorisch so aufstellen kann, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie kontinuierlich bewertet und die weiteren Schritte mit Bundesregierung und Bundesrat koordiniert werden können“. Das müsse auch außerhalb von Sitzungswochen möglich werden. Zuletzt hatten sich die Rufe nach einer stärkeren Beteiligung von Bundestag und Länderparlamenten an den Beschlüssen zur Bekämpfung der Pandemie gemehrt. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann forderte: “Die Maßnahmen gegen Corona müssen umgehend auf eine verfassungsfeste und daher parlamentsgesetzliche Grundlage gestellt werden.“

Bremen führt parlamentarische Beteiligung an Corona-Verordnungen ein

Im Land Bremen ist man schon einen Schritt weiter. Dort sollen künftig neue Corona-Verordnungen im Parlament diskutiert und bestätigt werden. Das kündigte Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) am 31.10.2020 in einer Regierungserklärung an. Demnach müssen zukünftige Corona-Rechtsverordnungen, die der Senat erlässt, immer in der darauffolgenden Sitzung der Bremischen Bürgerschaft vorgelegt und von dieser bestätigt werden. “Damit ist die parlamentarische Beteiligung zukünftig rechtsverbindlich garantiert“, betonte Bovenschulte.

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2020 (dpa).