Spanische Justiz zieht Haftbefehl gegen Puigdemont zurück

Die spanische Justiz verzichtet auf eine Auslieferung des in Deutschland festgenommenen katalanischen Separatisten-Führers Carles Puigdemont. Der zuständige Ermittlungsrichter am Obersten Gericht in Madrid, Pablo Llarena, habe sich entschieden, den europäischen Haftbefehl gegen den früheren Regionalpräsidenten zurückzuziehen, teilte das Gericht am 19.07.2018 in der spanischen Hauptstadt mit.

OLG Schleswig hatte Auslieferung nur wegen Veruntreuung für zulässig erklärt

Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht hatte jüngst eine Auslieferung des Politikers nach Spanien wegen des Verdachts der Veruntreuung für zulässig erklärt, nicht jedoch wegen Rebellion, dem Hauptvorwurf der spanischen Justiz. Das Oberste Gericht in Madrid hatte erst Ende Juni 2018 die Eröffnung von Prozessen gegen Puigdemont und 14 weitere separatistische Politiker wegen Rebellion, Veruntreuung und zivilen Ungehorsams bestätigt.

Haftbefehle auch gegen fünf weitere Separatisten zurückgezogen

Richter Llarena zieht den amtlichen Angaben zufolge auch die europäischen Haftbefehle gegen die fünf weiteren Separatisten zurück, die sich ins Ausland abgesetzt hatten. Die nationalen Haftbefehle würden aber alle aufrechterhalten, hieß es. Damit können die Betroffenen nicht in ihre Heimat zurückkehren.

Spanische Justiz: Verfahren in Spanien wurde vorgegriffen

Llarena geht mit der deutschen Justiz hart ins Gericht. Das OLG in Schleswig-Holstein habe "aus einer verfehlten Position heraus" dem Verfahren in Spanien "vorgegriffen". In einer Mitteilung des Obersten Gerichts heißt es, die deutsche Justiz habe die Handlungsfähigkeit Llarenas als Ermittlungsrichter untergraben. Der Richter wirft dem OLG unter anderem "Mangel an Engagement" vor. Eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg kommt für Llarena aber nicht in Frage. Nicht nur der Richter ist verärgert. Viele Gegner der Separatisten übten am 19.07.2018 erneut scharfe Kritik an der deutschen Justiz. "Es geht nicht, dass unser Land von einer (deutschen) Justiz für dumm verkauft wird, die überhaupt nicht verstanden hat, was hier passiert", sagte zum Beispiel der stellvertretende Generalsekretär der bis vor kurzem in Madrid regierenden konservativen Volkspartei (PP), Javier Maroto.

Puigdemont Ende März 2018 in Schleswig-Holstein festgenommen

Puigdemont hatte sich im Herbst 2017 im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien nach Brüssel abgesetzt. Bei der Rückfahrt von einer Skandinavienreise war er am 25.03.2018 in Schleswig-Holstein nahe der dänischen Grenze an einer Autobahnraststätte festgenommen worden. Der 55 Jahre alte frühere Journalist kam damals kurzzeitig in ein Gefängnis in Neumünster, wurde aber später unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2018 (dpa).

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