Neue Regeln für die Jobcenter erschweren aus Sicht der Landessozialgerichte eine gütliche Einigung bei Streitigkeiten über Hartz-IV-Leistungen. Die Prozessbevollmächtigten der Jobcenter dürften nur noch eingeschränkt Vergleiche abschließen, sagte der Präsident des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, Michael Fock, der Deutschen Presse-Agentur. Sie müssten sich zunächst mit ihren Vorgesetzten beraten, statt einem ausgehandelten Vergleich noch im Gerichtssaal zuzustimmen. "Viele Vergleiche kommen deshalb überhaupt nicht zustande", sagte Fock vor einer Tagung der Präsidenten der Landessozialgerichte ab 20.05.2019 in Wörlitz.
Verlust für den Rechtsfrieden
Statt einer gütlichen Einigung durch einen Vergleich müssten nun immer häufiger die Richter entscheiden. "Das ist ein Verlust für den Rechtsfrieden", sagte Fock. Die Vergleiche hätten auf beiden Seiten zu mehr Zufriedenheit und Akzeptanz geführt.
Zahl der Hartz-IV-Klagen von Bundesland abhängig
Die Belastung der Landessozialgerichte durch Hartz-IV-Klagen sei von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, sagte Fock. In Sachsen-Anhalt seien fast zwei Drittel der jährlich 15.000 bis 18.000 eingehenden Klagen aus diesem Bereich. In Baden-Württemberg oder Bayern machten entsprechende Streitigkeiten kaum ein Fünftel der Klagen aus.
Klagewelle von Kassen gegen Kliniken ebenfalls Tagungsthema
Thema auf der Jahrestagung der Gerichtspräsidenten ist Fock zufolge auch die Klagewelle von Krankenkassen gegen Kliniken wegen möglicherweise strittiger Abrechnungen. In dem bundesweiten Streit geht es um möglicherweise falsch berechnete Behandlungskosten, die Kassen nun vorsorglich per Klage zurückfordern.
Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2019 (dpa).
Aus dem Nachrichtenarchiv
Millionen fließen in Hartz-Bürokratie - Ruf nach Reform wird lauter, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 28.05.2018, becklink 2009994
Bundesrat für Entlastung der Sozialgerichte, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 02.02.2018, becklink 2008987
DAV moniert: Jobcenter vereiteln Anwaltsvergütungen bei Vertretung von Hartz-IV-Empfängern, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 04.09.2015, becklink 2001000
JuMiKo: Arbeitsgruppe soll Reformvorschläge zur Eindämmung der Hartz-IV-Klageflut erarbeiten, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.05.2011, becklink 1013320