Der Klägerin, der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, war ein Gartenmarkt ein Dorn im Auge, der an einem Sonntag neben dem typischerweise erlaubten Kernsortiment von Blumen und Pflanzen auch noch Dekorationsartikel und Christbaumschmuck verkauft hatte. Die Zentrale hielt dies für einen Verstoß gegen das Ladenöffnungsgesetz Nordrhein-Westfalens (LÖG NRW) und erhob eine Unterlassungsklage, um den Verkauf dieser Dekoartikel zu verbieten. Sie sah in dem Verkauf aufgrund des Gesetzesverstoßes auch einen Wettbewerbsverstoß gem. § 3a UWG.
Nachdem das LG Bochum und das OLG Hamm die Klage in zwei Instanzen abgewiesen hatten, musste sich nun der I. Zivilsenat des BGH, welcher unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständig ist, mit der Revision beschäftigen.
Zimtstangen und Kugeln sind Randsortiment
Der BGH wies die Revision der Wettbewerbszentrale nun zurück (Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 38/24). Der Senat begründete dies damit, dass es sich bei Zimtstangen, künstlichen Tannenzweigen und Glaskugeln lediglich um kleinteilige Accessoires handele, welche das Kernsortiment ergänzen sollten.
Hintergrund ist, dass § 5 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 LÖG NRW an Sonn- und Feiertagen einigen Läden wie Bäckereien und eben Gartenmärkten erlaubt, für einige Stunden ihre Waren zu verkaufen. Dies bezieht sich aber auf ein bestimmtes Sortiment, wie etwa Backwaren oder frische Blumen. Daneben dürfen sie lediglich Randsortiment verkaufen, dem in Umfang und Gewichtigkeit ein deutlich untergeordneter Charakter zugesprochen wird. In der Vorschrift wird explizit darauf hingewiesen, dass das Randsortiment durch Rechtsverordnungen des Landes zu bestimmen ist.
Der BGH sah die Anforderungen hier in Bezug auf den Christbaumschmuck als erfüllt an. Ob Waren zum Randsortiment gehörten, richte sich nach ihrer hauptsächlichen Zweckbestimmung und nicht danach, ob sie noch anderweitig– etwa in einer Schale als Dekoration – genutzt werden könnten, meinten die Karlsruher Richterinnen und Richter. Zudem müsse das Randsortiment - anders als das Kernsortiment - nicht zum sofortigen Ge- oder Verbrauch bestimmt sein oder nur zusammen mit Waren des Kernsortiments verkauft werden.
Dass die privilegierten Läden solches Randsortiment an Sonn- und Feiertagen verkaufen dürfen, ist nach Ansicht des BGH auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Differenzierung danach, ob das Kernsortiment den typischerweise an Sonn- und Feiertagen anfallenden Bedarf befriedige, sei sachlich gerechtfertigt.
"Flickenteppich" an Länderregelungen
Der Wettbewerbszentrale sei es vor allem um eine Klärung der bisher interpretationsbedürftigen Rechtslage in Nordrhein-Westfalen gegangen, sagte deren Rechtsanwalt Alexander Strobel nach dem Urteil. Denn die Oberlandesgerichte in Hamm und Düsseldorf hätten mit Blick auf die Reichweite des erlaubten Sonntagsverkaufs in der Vergangenheit unterschiedlich entschieden.
Der nordrhein-westfälische Handelsverband begrüßte die Entscheidung. "Mit dem heutigen Urteil ist ein wichtiger Schritt der Anpassung der gesetzlichen Regelung an die Lebenswirklichkeit und Bedürfnisse der Menschen gemacht", sagte Hauptgeschäftsführer Peter Achten. Das Verfahren zeige jedoch, dass die Regelungen zur Sonntagsöffnung überarbeitet werden müssten. Diese gingen vielfach an den Konsum- und Freizeitgewohnheiten der Menschen vorbei. Sinnvoll sei unter anderem eine bessere Sortimentsdefinition.
Ob das Urteil auch über NRW hinaus Auswirkungen haben wird, ist unklar. "Ähnliche Regelungen gibt es grundsätzlich auch in anderen Bundesländern", sagt Strobel. Allerdings sei bezüglich der gesetzlichen Vorgaben zur Ladenöffnung in Deutschland mittlerweile ein "relativ starker Flickenteppich" entstanden. Seit 2006 regeln die Länder ihre Ladenöffnungszeiten selbst. Das davor geltende Bundesgesetz gilt mittlerweile nur noch in Bayern.