Silvester-Übergriffe Köln und Hamburg: Magere Bilanz der Ermittlungen

Massenhaft wurden in der Silvesternacht von 2015/2016 Frauen von Männergruppen sexuell bedrängt und bestohlen. Vor allem die Ereignisse rund um den Kölner Dom machten weltweit Schlagzeilen. Zu Übergriffen kam es aber auch in Hamburg. Es gab Hunderte von Strafanzeigen, etliche Verfahren wurden eingeleitet – doch die bisherige Bilanz der Ermittlungen fällt ernüchternd aus.

In Köln etwa Hälfte der Verfahren wieder eingestellt

In Köln sind rund die Hälfte der Verfahren gegen namentlich ermittelte Beschuldigte mittlerweile wieder eingestellt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden 333 Beschuldigte ermittelt und Verfahren gegen sie eingeleitet (Stand 01.12.2016). Bei 87 spielte der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs eine Rolle. Von den daraus resultierenden 267 Verfahren wurden 124 zwischenzeitlich aber wieder eingestellt – allein 80, weil sich laut Staatsanwaltschaft kein hinreichender Tatverdacht begründen ließ. 29 Verfahren mussten zudem eingestellt werden, weil der Verdächtige nicht auffindbar war.

Anklagen vor allem wegen Eigentumsdelikten

Bis Dezember 2016 wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft 1.222 Strafanzeigen bearbeitet, 513 davon beziehen sich auf den Vorwurf eines sexuellen Übergriffs. Dazu zählen sexuelle Nötigungen, Vergewaltigungen und auch "sexuell motivierte" Beleidigungen. Die Staatsanwaltschaft beantragte seitdem gegen 35 Beschuldigte Anklage vor dem Amtsgericht Köln, vor allem wegen Eigentumsdelikten. 24 von ihnen seien bislang verurteilt worden, 18 davon rechtskräftig.

Viele Verfahren gegen unbekannte Täter eingestellt

Die Staatsanwaltschaft zählt aber auch noch 820 Ermittlungsverfahren, die gegen unbekannte Täter eingeleitet wurden, davon 372 wegen sexueller Übergriffe. Ein Großteil dieser Verfahren sei mangels weiterer Ermittlungsansätze vorläufig eingestellt worden.

In Hamburg bisher nur eine Verurteilung

Nach den Silvester-Übergriffen auf junge Frauen in Hamburg ist bislang nur ein Täter verurteilt worden. Aus 245 Ermittlungsverfahren
hätten sich vier Anklagen und ein Strafbefehl ergeben, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Wegen eines sexuellen Angriffs auf eine 19-Jährige verurteilte das Landgericht Ende August 2016 einen jungen Afghanen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Von drei weiteren Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft Anklage erhob, endeten zwei mit Freisprüchen. Der übrige Fall soll im Februar 2017 vor Gericht verhandelt werden.

Ermittlungen zum Teil noch nicht abgeschlossen

Frombach gab die Zahl der geschädigten Frauen mit 410 an. Die Staatsanwaltschaft leitete 300 Verfahren wegen sexueller Beleidigung ein, 46 wegen sexueller Nötigung, drei wegen Vergewaltigung. In 38 Verfahren geht es um Sexualdelikte in Verbindung mit Diebstahl, in zehn in Verbindung mit Raub und in sieben mit Körperverletzung. Sechs weitere Verfahren wurden wegen anderer Vorwürfe eingeleitet. Die Ermittlungen sind zum Teil noch nicht abgeschlossen.

Redaktion beck-aktuell, 12. Dezember 2016 (dpa).

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