Jobcenter senkt Aufwendungen
In beiden jetzt vom BSG entschiedenen Verfahren stritten sich Arbeitslosengeldempfänger mit dem Jobcenter Berlin-Mitte um die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung. In dem Verfahren B 14 AS 37/19 R handelte es sich um eine Familie, bestehend aus den beiden Lebenspartnern und dem erwachsenen Sohn der Frau. Sie wohnten gemeinsam in einer Wohnung, für die insgesamt 725 Euro Bruttowarmmiete zu zahlen waren. Das Jobcenter bewilligte ihnen nur 542 Euro für Unterkunft und Heizung. Gleichzeitig lehnte es eine Änderung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens ab. Das Sozialgericht Berlin gab der Zahlungsklage gegen das Jobcenter statt und bewilligte weitere Leistungen in Höhe von 54 Euro.
In dem Verfahren B 14 AS 40/19 lebten zwei Eheleute mit den beiden minderjährigen Kindern in einer 82 qm großen Mietwohnung, die 966 Euro Miete kostete. Das Jobcenter hatte sie im Februar 2013 zur Senkung der Aufwendungen auf 669 Euro aufgefordert. Ab September 2013 berücksichtigte es unter Einbeziehung eines Härtefallzuschlags nur noch einen abgesenkten Betrag von 778 Euro. Das SG Berlin wies die Zahlungsklagen auf höheres Arbeitslosengeld und Sozialgeld ab.
LSG: Angemessene Quadratmetermiete nach dem Berliner Mietspiegel
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufungen in beiden Fällen zurück: Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung bestünden nur in angemessener Höhe. Die angemessene Quadratmetermiete ergebe sich aus dem qualifizierten Berliner Mietspiegel für das Jahr 2011. Der Angemessenheitswert sei nach einem vom SG Berlin entwickelten Modell zu ermitteln, so das LSG weiter. Danach seien die Mittelwerte des Mietspiegels für Wohnungen von 60 bis 90 qm in einfacher Wohnlage anzusetzen. Daraus errechnete das Landessozialgericht einen Wert von 5,01 Euro/qm. Für das Verfahren B 14 AS 40/19 bedeute dies eine angemessene Bruttokaltmiete von 590,40 Euro und Heizkosten in Höhe von 151,50 Euro. Die dagegen eingelegten Revisionen bemängelten das vom LSG genutzte Modell: Ein einfacher Mietspiegel - um mehr handele es sich nicht - genüge nicht, um zu einem nachvollziehbaren Ergebnis zu kommen. Insbesondere sei dessen Aussagekraft von der "Marktentwicklung erschüttert" worden.
BSG: Behörde muss sich Bild von tatsächlich verfügbarem Wohnraum verschaffen
Die Revisionen zum BSG führten zum Ziel: Aus Sicht der Kasseler Richter darf ein Gericht zur Ermittlung der angemessenen lokalen Mietkosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein eigenes in sich geschlossenes Konzept aufstellen. Vielmehr müsse es sich die Überzeugung davon verschaffen, dass zu dem von ihm so festgesetzten abstrakten Wert Wohnungen im Vergleichsraum tatsächlich verfügbar sind. Aus der vom LSG angeführten "Überzeugung, dass mit der Einbeziehung der mittleren durchschnittlichen Mietspiegelwerte in gewichteten Anteilen die potenziell zumutbare und damit abstrakt angemessene Kaltmiete am gerechtesten bestimmt werden kann", könne nicht auf die Häufigkeit geschlossen werden, mit der die dem Mittelwert zugrunde liegende durchschnittliche Wohnung zur Verfügung stehe.