Keine Versorgung mit "Medizinal-Cannabisblüten" bei weiterer Option

Die Krankenkasse muss die Kosten einer Schmerzbehandlung mit Cannabisblüten nur dann übernehmen, wenn keine anderen Behandlungsformen zur Verfügung stehen. Dies hat das Sozialgericht Speyer entschieden und im Fall eines Mannes, der nach einem Bandscheibenvorfall unter einer dauerhaft ausgeprägten Schmerzsymptomatik leidet, eine Leistungspflicht für die Versorgung mit "Medizinal-Cannabisblüten" abgelehnt.

Krankenkasse verweist auf geeignete Medikamente

Der 51-jährige Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Wegen seiner chronischen Schmerzen verfügt er über eine betäubungsmittelrechtliche Sondergenehmigung zum Erwerb von "Medizinal-Cannabisblüten". Er beantragte bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme. Noch vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist informierte diese den Kläger, dass eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) eingeholt werden soll und sich die Prüfung und Entscheidung des Antrages um voraussichtlich mindestens weitere zwölf Tage verzögern werde. Ohne Eingang des MDK-Gutachtens lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vor Ablauf der zwölf Tage ab. Es sei zu Verzögerungen gekommen, sodass bislang keine sozialmedizinische Begutachtung habe erfolgen können. Aus den bislang vorliegenden Unterlagen ergebe sich jedoch, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit Cannabisblüten nicht vorlägen. Für den Versicherten stünden geeignete analgetisch wirksame Medikamente zur Verfügung.

Keine nachträgliche Kostenübernahme bei vorzeitiger Selbstbeschaffung

Seine Klage auf Übernahme und Erstattung der Kosten in Höhe von rund 5.125 Euro hat das SG Speyer abgelehnt. Die Beklagte habe fristgerecht entschieden. Vorliegend gelte die Fünf-Wochen-Frist und nicht die Drei-Wochen-Frist. Ausreichend dafür sei die Beauftragung des MDK und die rechtzeitige Information des Leistungsberechtigten hierüber. Vor Ablauf dieser Frist hätte sich der Kläger das Medikament nicht selbst besorgen dürfen. Bereits aus diesem Grund sei die Beklagte nicht verpflichtet, nachträglich Kosten hierfür zu übernehmen.

Alternative stünde zur Verfügung

Die Behandlung des Klägers mit Cannabisblüten sei auch keineswegs unaufschiebbar gewesen, so das SG weiter. Die Beklagte habe die beantragte Übernahme der Kosten des Weiteren nicht zu Unrecht abgelehnt. Nach dem Gesetz dürfe der Arzt eine Behandlung mit Cannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unter anderem nur dann verschreiben, wenn andere Formen der Behandlung nicht zur Verfügung stünden. Die medizinische Beweisaufnahme habe jedoch ergeben, dass dem Kläger eine multimodale Schmerztherapie zum Beispiel in einer Tagesklinik möglich sei. Zu einem anderen Ergebnis kommt das SG auch nicht, wenn es die Rolle des Klägers als alleinerziehender Vater berücksichtigt. Das Kind sei mittlerweile 14 Jahre alt und in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht.

SG Speyer, Urteil vom 09.11.2020 - S 7 KR 262/18

Redaktion beck-aktuell, 4. Februar 2021.