SG Mainz: Kein Anspruch auf Jobcenterleistungen ohne rechtzeitig gestellten Weiterbewilligungsantrag

Stellt ein Bezieher von SGB-II-Leistungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums trotz eines Hinweises des Jobcenters keinen Antrag auf Weitergewährung, hat er keine rückwirkenden Zahlungsansprüche. Dies gilt auch dann, wenn er aufgrund einer Krankheit unverschuldet daran gehindert war, den Antrag fristgemäß zu stellen. Dies hat das Sozialgericht Mainz mit Urteil vom 01.12.2016 entschieden (Az.: S 10 AS 816/15).

Sachverhalt

Der aus Rheinhessen stammende Kläger bezog seit 2013 Arbeitslosengeld II vom Jobcenter. Die Leistungen wurden immer für einen bestimmten Zeitraum bewilligt. Bei nahendem Ablauf eines Bewilligungszeitraums sandte das Jobcenter dem Mann ein neues Antragsformular zu und wies auf die Notwendigkeit eines Antrages hin. Auch als die Leistungen Ende Dezember 2014 ausliefen, wurde dem Leistungsempfänger Anfang November ein neues Antragsformular zugeschickt, das der Kläger diesmal jedoch nicht zurücksandte. Er war zwischenzeitlich seelisch erkrankt und mit einiger Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern.

Jobcenter lehnte rückwirkende Leistungsgewährung ab

Erst im Juni 2015 wandte er sich mit einer Betreuerin an das Jobcenter und bekam ab Juni auch wieder Leistungen zugesprochen. Eine rückwirkende Leistung für Januar bis Mai 2015 lehnte das Jobcenter jedoch ab, da das Gesetz eindeutig bestimme, dass für Zeiten vor Antragstellung keine Leistungen gewährt würden. Der Mann zog vor das Sozialgericht Mainz und machte geltend, dass er aufgrund seiner Krankheit unverschuldet daran gehindert gewesen sei, den Antrag zu stellen. Zudem sei er noch bis Januar 2015 in einer Maßnahme des Jobcenters gewesen und habe seinem zuständigen Ansprechpartner von seinen Problemen und dem noch nicht eingesandten Antrag erzählt.

SG: Fehlender Antrag kein Fall für Wiedereinsetzung

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einem solchen Fall nicht in Frage komme, da diese nur bei einer unverschuldeten Versäumung von gesetzlichen Fristen helfe, aber nicht – wie vorliegend – bei einem fehlenden Antrag. Eine frühere Antragstellung könne auch nicht anderweitig konstruiert werden, da dies eine Pflichtverletzung des Jobcenters voraussetzen würde. Eine solche Pflichtverletzung liege aber nicht vor. Das Jobcenter sei seiner Pflicht nachgekommen, den Leistungsbezieher vor Ablauf des Bewilligungszeitraums auf die Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung hinzuweisen.

Jobcenter wusste nichts von Problemen des Klägers

Weitergehende Verpflichtungen, wie etwa persönlich beim Kläger vorbeizuschauen oder den Sozialdienst auf Verdacht einzuschalten, bestünden nicht. Das Jobcenter habe auch keinerlei Anhaltspunkte für die Probleme des Klägers gehabt, da in der Vergangenheit die Antragstellung funktioniert habe. Schließlich hätte das Jobcenter auch – selbst wenn es Kenntnis von der Erkrankung gehabt hätte – den Antrag nicht für den Kläger stellen können. Soweit der Behörde eine allgemeine Fürsorgepflichtverletzung vorgeworfen werden sollte, könne der Kläger allenfalls Schadensersatz verlangen, der aber bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend zu machen sei.

SG Mainz, Urteil vom 01.12.2016 - S 10 AS 816/15

Redaktion beck-aktuell, 4. Januar 2017.

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