SG Leipzig: Afghanischer Flüchtling erhält Berufsausbildungsbeihilfe

Ein afghanischer Flüchtling hat auch mit einer befristeten Aufenthaltsgestattung Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe. Das Sozialgericht Leipzig hat die Bundesagentur für Arbeit mit einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss vom 06.12.2018 mittels einstweiliger Anordnung zur vorläufigen Gewährung der Beihilfe verpflichtet (Az.: S 1 AL 232/18 ER). Es sei nicht abschließend geklärt, ob ein solcher Fall eine "gute Bleibeperspektive" abbilde, wie sie Voraussetzung für die Zahlung sei. Die vorzunehmende Folgenabwägung ergebe aber, dass der Betroffene vorerst zu fördern sei.

Befristete Aufenthaltsgestattung nach Ablehnung des Asylantrages

Der seit Herbst 2015 in Deutschland lebende Flüchtling absolviert seit August 2018 eine reguläre betriebliche Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Weil seine Ausbildungsvergütung von circa 700 Euro brutto monatlich im ersten Lehrjahr zur Deckung aller Lebenshaltungskosten einschließlich Unterkunft nicht ausreicht, beantragte er auf Aufforderung der Ausländerbehörde ergänzende Berufsausbildungsbeihilfe von monatlich 113 Euro bei der Bundesagentur für Arbeit. Diese lehnte den Antrag jedoch mit Verweis auf die unsichere Bleibeperspektive des Flüchtlings ab. Er verfügte nach Ablehnung seines Asylantrages lediglich über eine befristete Aufenthaltsgestattung.

Gericht: Folgenabwägung zu Gunsten des Flüchtlings

Mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG Leipzig hatte der Flüchtling vollen Erfolg. Das Gericht begründete seinen Beschluss angesichts offener Rechtslage mit einer Folgenabwägung. Den größten Teil seines Existenzminimums sichere sich der Antragsteller bereits über seine Ausbildungsvergütung. Ohne die Aufstockung durch Berufsausbildungsbeihilfe sei das Existenzminimum des Antragstellers aber gefährdet. Denn so lange er eine Berufsausbildung absolviere, habe er weder Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz noch einen anderweitigen Grundsicherungsanspruch.

Begriff der "guten Bleibeperspektive" ist noch nicht abschließend geklärt

Nach der gesetzlichen Sonderregelung für die Ausbildungsförderung von Ausländern in § 132 SGB III seien Ausländer förderungsfähig, bei denen ein gesicherter und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Wann eine derartige "gute Bleibeperspektive" anzunehmen ist, sei angesichts der gesetzlichen Änderungen im Aufenthaltsrecht noch nicht abschließend geklärt. Die Tendenz des Gesetzgebers zugunsten gut integrierter erwerbstätiger Ausländer sei zu berücksichtigen.

Positive Auswirkungen der Öffnung des Ausbildungsmarktes

Nach Auskunft der IHK Leipzig seien in ihrem Bezirk bereits positive Auswirkungen der Öffnung des Ausbildungsmarktes für Asylbewerber spürbar. Ihre Integration in die Ausbildungsbetriebe funktioniere sehr gut. Die erheblichen Investitionen der Betriebe in die Ausbildung machten eine Übernahme nach erfolgreichem Abschluss auch angesichts vieler unbesetzter Stellen wahrscheinlich. Im Verhältnis zum Wert der Ausbildung und den späteren Erwerbsaussichten einerseits und den ohne Ausbildungsvergütung und Erwerbsarbeit zu gewährenden Sozialleistungen andererseits wiege der moderate Förderbetrag gering.

SG Leipzig, Beschluss vom 06.12.2018 - S 1 AL 232/18 ER

Redaktion beck-aktuell, 29. März 2019.

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