SG Koblenz: Grundstückverkauf zu Begründung eines Anspruchs auf Hartz IV ist nichtig

Eine Hauseigentümerin, die ihr Hausgrundstück an ihren Prozessbevollmächtigten verkauft, um Hartz-IV-Leistungen zu erhalten, handelt sittenwidrig, wenn sie sich den Kaufpreis nicht vor ihrem Rentenbeginn auszahlen lässt und verlangt, ihre Miete solle vom Sozialamt bezahlt werden. Dies hat das Sozialgericht Koblenz entschieden und den Kaufvertrag für sittenwidrig und damit nichtig erklärt (Urteil vom 17.10.2017, Az.: S 14 AS 883/15).

Haus im Zusammenhang mit Hartz-IV-Klage an Prozessbevollmächtigten verkauft

Die Klägerin, eine alleinstehende Arbeitslose aus dem Westerwald, bemüht sich seit Jahren um Hartz-IV-Leistungen. Das zuständige Jobcenter lehnte eine entsprechende Leistungsgewährung ab, weil die Frau über Vermögen verfüge, und zwar in Gestalt eines von ihr selbst bewohnten Eigenheims. Zur Überbrückung sind ihr lediglich Darlehen gewährt worden. Ein selbstgenutztes Eigenheim ist an sich zwar als Vermögen geschützt. Das gilt allerdings dann nicht, wenn es unangemessen groß ist. Alleinstehenden wird dabei im Regelfall eine Wohnfläche von 90 Quadratmetern zugebilligt. Die hier betroffene Immobilie hat jedoch eine Wohnfläche von mehr als 150 Quadratmetern und ist damit unangemessen groß. Während des laufenden Gerichtsverfahrens hat die Klägerin das Haus an ihren Rechtsanwalt verkauft, der sie in dem gerichtlichen Verfahren von Anfang an vertreten hat. Der vereinbarte Kaufpreis soll nach dem Vertrag erst nach mehr als zehn Jahren gezahlt werden, wenn die Klägerin längst im Rentenalter ist. Gleichzeitig hat sich die Klägerin dem Anwalt gegenüber verpflichtet, für den Verbleib in dem Haus eine monatliche Miete zu zahlen. Für diese Miete soll nach den Vorstellungen beider das Jobcenter aufkommen.

SG: Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig

Diese Erwartung wird sich nicht erfüllen, jedenfalls nicht nach dem Urteil des SG. Dieses hat die Klage abgewiesen und festgestellt, dass der Kaufvertrag sittenwidrig und damit nichtig sei. Demgemäß bleibe die Klägerin Hauseigentümerin und sei nicht vermögenslos. Der notarielle Kaufvertrag sei nur geschlossen worden, um sich zulasten der Allgemeinheit zu bereichern. Das gelte auch für den Anwalt, denn dieser wolle eine vom Jobcenter bezahlte Miete kassieren, ohne für das Haus bezahlt zu haben. Als besonders merkwürdig wertete es das Gericht, dass der Anwalt nach dem notariellen Vertrag die vom Jobcenter finanzierte Miete sogar behalten könnte, wenn er das Haus später an die Klägerin zurückübereignet. In diesem Fall hätte er über Jahre eine von der Allgemeinheit finanzierte Miete für ein Haus erhalten, für das er nie irgendetwas bezahlt habe.

SG Koblenz, Urteil vom 17.10.2017 - S 14 AS 883/15

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2017.