Unterläuft einer Berufsgenossenschaft ein Berechnungsfehler, wenn sie die für eine Erwerbsminderungsrente maßgeblichen Bezüge ermittelt, haftet hierfür nicht die gesetzliche Rentenversicherung, sagt das SG Hannover. Ein Mann, der seit einem schweren Verkehrsunfall eine Erwerbsminderungsrente erhält, forderte eine Neuberechnung seiner Bezüge ab dem Jahr 2001. Das Gericht sah die Verantwortung jedoch bei der Berufsgenossenschaft und nicht bei der Rentenversicherung (Urteil vom 19.11.2024 – S 6 R 164/22).
Der Mann hatte 1980 während seiner Ausbildung zum Augenoptiker einen schweren Autounfall auf dem Arbeitsweg erlitten, der zu schwersten Verletzungen und einer Amputation des linken Beins führte. Die Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an und zahlte eine Verletztenrente, die sich am Lohn eines Lehrlings berechnete. Ab Oktober 1992 erhielt der Mann eine dauerhafte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Rentenversicherung. Die Höhe dieser Rente orientierte sich an dem Jahresarbeitsverdienst, den die Berufsgenossenschaft errechnet hatte.
Ende 2005 stellte die Berufsgenossenschaft fest, dass dieser Jahresarbeitsverdienstes ab dem Ende der Lehrzeit auf Grundlage eines Gesellenlohnes hätte angepasst werden müssen. Sie berechnete ihn jedoch erst 15 Jahre später – im Jahr 2020 – neu, dann jedoch rückwirkend ab dem Jahr 2001 (es gilt eine vierjährige Rückrechnungsfrist ab Kenntnis, vgl. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X).
Rentenversicherung hat keinen Einblick in Berechnung
Auch die Rentenversicherung nahm im Jahr 2020 eine Neuberechnung vor, jedoch nur für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2016, ebenfalls unter Berücksichtigung der vierjährigen Frist des § 44 SGB X. Der Mann erhob daraufhin Klage und begehrte eine Neuberechnung schon ab dem 1. Januar 2001. Er war der Meinung, die Rentenversicherung müsse sich ein Behördenverschulden der Berufsgenossenschaft zurechnen lassen.
Das SG Hannover folgte dieser Auffassung jedoch nicht. Es stellte maßgeblich darauf ab, dass die Entscheidung über die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes allein von der Berufsgenossenschaft getroffen werde. Die Rentenversicherung müsse diese Entscheidung über Art und Höhe der Rente aus der Unfallversicherung ihrer Entscheidung zugrunde legen, ohne sie selbst zu überprüfen. Die Rentenversicherung sei in den Verwaltungsablauf der Berufsgenossenschaft im Hinblick auf die Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes nicht einbezogen, womit sie kein eigenes Verschulden treffe. Rückwirkende Leistungen seien nur für einen Zeitraum von vier Jahren zu gewähren, was die Rentenversicherung berücksichtigt habe.