SG Gießen: Sozialhilfeträger muss Bestattungskosten des Pflegeheims übernehmen

Der Sozialhilfeträger muss die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernehmen, soweit dem zur Bestattung verpflichteten Pflegeheim nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. In diesem Zusammenhang kann er keine Ausgleichsansprüche gegenüber Angehörigen anführen, wenn diese selbst hilfebedürftig sind und unter Betreuung stehen. Dies hat das Sozialgericht Gießen mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 17.01.2017 entschieden (Az.:S 18 SO 183/14).

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Pflegeheim, begehrt von dem beklagten Landeswohlfahrtsverband die Erstattung der von ihr verauslagten Kosten für die Bestattung einer in ihrem Gießener Pflegeheim am 06.11.2013 verstorbenen Bewohnerin. Der Heimleiter hatte ein Bestattungsunternehmen mit der Durchführung der Bestattung beauftragt. Dieses stellte der Klägerin hierfür 2.857,69 Euro in Rechnung. Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 21.01.2014 von dem Beklagten die Erstattung dieses Betrages abzüglich eines noch vorhandenen Vermögens in Höhe von 599,81 Euro. Da der Beklagte diesem Begehren mit den angefochtenen Bescheiden unter Hinweis auf vorrangig in Anspruch zu nehmende Angehörige nicht entsprach, erhob der Heimträger Klage. Die Klägerin führte aus, sie sei nach § 13 Abs. 3 des Hessischen Friedhofs- und Bestattungsgesetzes verpflichtet gewesen, die Bestattung in Auftrag zu geben. Es sei ihr nicht zuzumuten, diese Kosten zu tragen.

SG: Landeswohlfahrtsverband zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet

Das Sozialgericht hat der Klägerin Recht gegeben. Der Sozialhilfeträger müsse gemäß § 74 SGB XII die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernehmen, soweit dem zur Bestattung Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, die Kosten zu tragen. Der in diesem Sinne zunächst zur Tragung der Bestattungskosten verpflichteten Klägerin stehe ein solcher Anspruch auch als juristischer Person zu. Ihr könne auch nicht zugemutet werden, die Kosten zu tragen. Der Begriff der Zumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII sei nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles ausfüllungsbedürftig. Dabei könnten auch Maßstäbe und Umstände eine Rolle spielen, die als solche im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtet seien, denen aber vor dem Hintergrund des Zwecks des § 74 SGB XII Rechnung getragen werden müsse.

Pflegeheim muss sich vorliegend nicht an die Angehörigen wenden

Dabei sei zum einen an die persönliche und rechtliche Nähe zur Verstorbenen anzuknüpfen und zum anderen daran, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es dem Verpflichteten möglich sei, selbst für eine anderweitige Entlastung zu sorgen. Im Übrigen dürfe der Sozialhilfeträger dem Bestattungspflichtigen nicht Ausgleichsansprüche gegenüber Angehörigen entgegenhalten, wenn diese selbst hilfebedürftig seien und eine Betreuung bestehe.

SG Gießen, Urteil vom 17.01.2017 - S 18 SO 183/14

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2017.

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