Hilfebedürftige Alleinerziehende muss Jobcenter Namen des Kindsvaters mitteilen

Im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I muss eine hilfebedürftige Alleinerziehende dem Jobcenter gegenüber den Namen des ihr bekannten Kindesvaters nennen, damit mögliche Unterhaltsansprüche realisiert werden können. Dem stehe weder das Persönlichkeitsrecht noch eine eingegangene Verpflichtung der Alleinerziehenden entgegen, den Namen des Kindsvaters nicht zu nennen, so das Sozialgericht Gießen.

660 Euro Unterhalt monatlich fiktiv angerechnet

Streitig ist die Höhe von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere die Anrechnung von Unterhaltsleistungen. Die alleinerziehende Klägerin steht beim beklagten Jobcenter im Leistungsbezug. Dieses versagte die Leistungen ab August 2019 teilweise in Höhe von 660 Euro monatlich und legte der Berechnung des Abzugs hierbei einen Unterhaltsanspruch des 2007 geborenen Sohnes der Klägerin nach der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von 660 Euro gegen den Kindesvater zugrunde. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg.

Kindsvater ist zu benennen

Die dagegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Gericht bestätigte zunächst grundsätzlich, dass fiktive Unterhaltszahlungen auf den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen sind, solange die Klägerin ihren Mitwirkungsverpflichtungen durch die Benennung des Kindsvaters nicht nachkommt. Der Beklagte habe zu Recht die Leistungen nach §§ 60, 66 SGB I teilweise versagt. Darüber hinaus habe die Klägerin auch kein Recht, die Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters ihres Sohnes zu verweigern. Es bestehe kein überragend schützenwertes Interesse der Klägerin an der Verweigerung der Vaterschaftsauskunft, welches die hochrangigen Kindesinteressen, die Interessen des leiblichen Vaters sowie die gesetzlich ausdrücklich geschützten fiskalischen Interessen der nur subsidiär zahlungspflichtigen staatlichen Gemeinschaft deutlich überwiege.

Höhe des Abzugs aber falsch berechnet

Gleichwohl könne der Beklagte nicht von der höchsten Stufe 10 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen 5.101 bis 5.500 Euro monatlich) bei der Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen ausgehen. Abzustellen sei viel mehr auf den durchschnittlichen Nettoarbeitslohn eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, sodass Stufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen zwischen 1.901 und 2.300 Euro monatlich) zugrunde zu legen sei. Das Gericht gelangte zu dem Ergebnis, dass statt des vom Beklagten angerechneten fiktiven Unterhalts in Höhe von 660 Euro monatlich lediglich ein Betrag von 427 Euro monatlich anzurechnen sei.

SG Gießen, Entscheidung vom 04.11.2020 - S 29 AS 700/19

Redaktion beck-aktuell, 11. Januar 2021.