Krankenkasse statt Arbeitnehmer trägt im "Firmenzahlerverfahren" das Insolvenzrisiko

Zahlt der Arbeitgeber die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung seines Arbeitnehmers und fällt in Insolvenz, so kann die Krankenkasse die Beiträge nicht vom Arbeitnehmer nachfordern, wenn sie diese in dem Insolvenzverfahren an die Insolvenzmasse zurückerstattet hat. Dies stellt das Sozialgericht Dresden klar. Es hält bereits die Anfechtung der Zahlungen durch den Insolvenzverwalter für unwirksam.

Beitragszahlung durch Arbeitgeber bei freiwilliger Versicherung in GKV

Arbeitnehmer, die wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, können sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichern, müssen dann aber die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst zahlen. In der Praxis vereinbaren Arbeitnehmer in solchen Fällen aber häufig mit ihrem Arbeitgeber, dass dieser die Beiträge direkt vom Lohn einbehält und an die Krankenversicherung weiterleitet (sogenannte Firmenzahlerverfahren).

SG: Anfechtung der Zahlungen durch Insolvenzverwalter unwirksam

Fällt die Firma indessen in die Insolvenz, besteht das Risiko, dass der Insolvenzverwalter – wie auch im entschiedenen Fall – die Zahlungen an die Krankenkasse erfolgreich anficht und zurückfordert. Es stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitnehmer, dem die Beiträge bereits vom Lohn abgezogen worden waren, zur erneuten Zahlung an die Krankenkasse verpflichtet ist. Dies verneint das SG Dresden. Es hält im Gegensatz zur zivilgerichtlichen Rechtsprechung und ausdrücklich entgegen der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs schon die Anfechtung für unwirksam, weil keine Gläubigerbenachteiligung vorliege. Wenn der Arbeitgeber nicht an die Krankenkasse gezahlt hätte, hätte er dem Arbeitnehmer diesen Lohnbestandteil ohne die Möglichkeit der Anfechtung im Insolvenzverfahren auszahlen müssen.

Nachforderung auch nach Treu und Glauben ausgeschlossen

Außerdem scheide eine Nachforderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus. Denn die Krankenkasse habe es versäumt, den Arbeitnehmer auf das Risiko einer nochmaligen Beitragsbelastung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers ausdrücklich hinzuweisen. Es verstoße auch gegen Treu und Glauben, wenn die Krankenkasse aus der eigenen Mitwirkung an einer unter Strafandrohung stehenden Gläubigerbegünstigung Ansprüche gegen einen gutgläubigen Versicherten herleite.

Krankenkasse kann Berufung einlegen

Gegen das Urteil kann die Krankenkasse Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht in Chemnitz einlegen.

SG Dresden, Urteil vom 09.12.2020 - S 25 KR 328/17

Redaktion beck-aktuell, 11. Januar 2021.