Erwerbsminderungsrente wegen Vorliegen eines "Behandlungsfalls" abgelehnt
Der 37-jährige arbeitslose Kläger beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland aufgrund seiner überwiegend psychiatrischen Erkrankungen eine Rente wegen Erwerbsminderung. Dies lehnte die Beklagte ab, da der Kläger nach ihrer sozialmedizinischen Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Es liege ein sogenannter "Behandlungsfall" vor: Eine länger anhaltende quantitative Leistungsminderung könne deswegen nicht angenommen werden, weil die Symptome des Klägers durch eine adäquate Therapie in einem überschaubaren Zeitraum gebessert werden könnten. Bislang sei aber weder eine fachärztlich-psychiatrische Therapie, eine ambulante Psychotherapie, noch eine stationäre oder teilstationäre Psychotherapie erfolgt.
SG: Rententräger zur Zahlung von Erwerbsminderungsrente verpflichtet
Das Sozialgericht hat dem Betroffenen auf seine Klage hin Recht gegeben und die Rentenversicherung zur Zahlung einer befristeten Erwerbsminderungsrente verpflichtet. Der Kläger sei seit dem Jahr 2017 wegen Krankheit außerstande gewesen, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Fehlende Behandlung grundsätzlich unerheblich - Relevanz nur bei angeforderter Mitwirkung
Die fehlende Behandlung ändere daran nichts. Einerseits sei diese oft nicht durch die Versicherten selbst verschuldet, sondern liege an einer (mangelnden) ärztlichen Beratung oder aber den begrenzten Therapieplätzen. Zum anderen gebe es für die Auffassung der Rentenversicherung keine gesetzliche Grundlage. Sofern erfolgsversprechende Behandlungsmöglichkeiten bestünden, könne der Rentenversicherungsträger die Rentenzahlung wegen Erwerbsminderung nur dann gemäß § 66 SGB I verweigern, wenn der Versicherte nach Aufforderung zumutbare Behandlungen nicht ergreife.