SG Aurich: Physiotherapeutin kann auch ohne eigene Praxis selbstständig tätig sein

Auch wenn eine Physiotherapeutin in der Praxis einer anderen Therapeutin ihre Tätigkeit ausübt und diese Räume nur kurzzeitig anmietet, kann eine selbstständige Tätigkeit vorliegen. Es sind immer die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Dies hat das Sozialgericht Aurich am 13.12.2018 entschieden.

Physiotherapeutin übte Tätigkeit in Praxisräumen einer Kollegin aus

Die klagende Physiotherapeutin war in der Physiotherapiepraxis einer anderen Therapeutin tätig. Sie hatte keine eigenen Praxisräume. Bereits aus diesem Grunde waren die Sozialleistungsträger (Kranken- und Pflegekasse, Rentenversicherung sowie Arbeitsagentur) der Auffassung, dass eine angestellte Tätigkeit vorliege und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien.

SG: Selbstständigkeit hängt nicht von eigenen Praxisräumen ab

Das Sozialgericht hat der dagegen gerichteten Klage der Physiotherapeutin stattgegeben und klargestellt, dass in jedem Fall eine Gesamtwürdigung der Umstände der Tätigkeit vorzunehmen sei. Es könne nicht allein auf das Merkmal eigener Praxisräume abgestellt werden, auch wenn diese einen Teil der Gesamtumstände ausmachten. Nach dem Gesetz seien Anhaltspunkte für eine Position als Angestellte die Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Hinzu komme nach der ständigen Rechtsprechung eine Vielzahl weiterer Kriterien, die das Gericht und damit auch die Behörden zu beachten hätten.

Gesamtumstände des Einzelfalls sprechen vorliegend nicht für abhängige Beschäftigung

Zu beachten seien zunächst mögliche vertragliche Abreden, die zwischen den Therapeuten bestehen und ob sie eingehalten werden, des Weiteren die unternehmerischen Risiken, wer also das Risiko der nicht bezahlten Rechnungen zu tragen habe. Vorliegend sei nach Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass trotz Ausübung der Tätigkeit in Räumen einer anderen Therapeutin kein Angestelltenverhältnis bestanden habe.

SG Aurich, Keine Angabe vom 13.12.2018

Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2018.

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