Krankenkasse gewährt nur Kostenübernahme für langsameres Elektromobil
Ein behinderte Frau hatte die Versorgung mit einem Elektromobil beantragt, welches eine Fahrgeschwindigkeit von 15 km/h ermöglichen sollte. Nach Prüfung hatte die Krankenkasse dies abgelehnt und die Versorgung mit einem langsameren Elektromobil angeboten, das 6 km/h erreicht. Die Krankenkasse berief sich darauf, dass maßgebend für den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleistenden Basisausgleich bei Mobilitätsbeeinträchtigungen der Bewegungsradius sei, den ein Nichtbehinderter üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Auf die konkreten Wohnverhältnisse der einzelnen Versicherten komme es nicht an, sondern auf einen generellen, an durchschnittlichen Wohn- und Lebensverhältnissen orientierten Maßstab.
SG verneint Anspruch auf schnelleres Elektromobil
Das SG Aurich gab der Krankenkasse Recht. Die von Klägerseite vorgebrachten Umstände des ländlichen Wohnortes und des Erfordernisses regelmäßiger längerer Fahrten könnten keinen Anspruch gegen die beklagte Krankenkasse begründen, so das Gericht. Ausschlaggebend sei, dass der Behinderungsausgleich zwei Zielrichtungen umfasse und sich hieran unterschiedliche Leistungspflichten der Krankenkasse anschließen würden.
Elektromobil mittelbarem Behindertenausgleich zuzuordnen
So steht laut Gericht beim unmittelbaren Behinderungsausgleich der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst in Vordergrund (zum Beispiel durch Prothesen), es gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits. Beim mittelbaren Behinderungsausgleich, bei dem die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgeglichen werden sollen, gilt dem SG zufolge eine weniger weitreichende Leistungspflicht: Ein Hilfsmittel sei nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitige oder mildere und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. Ausgehend davon diene ein Elektromobil als Hilfsmittel nicht dazu, die beeinträchtigte Körperfunktion unmittelbar wiederherzustellen oder auszugleichen. Das Elektromobil ermögliche also nicht das Gehen selbst, sondern setze bei den Folgen und Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung der Beine an, so das SG.
Fußläufig erreichbarer Nahbereich entscheidend
Ferner wies das SG auf die Rechtsprechung hin, wonach das Grundbedürfnis der Mobilität die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich mit einem Bewegungsradius umfasst, den ein nicht behinderter Mensch üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Eine darüberhinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation könne aber Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme sein, so das SG.
Ländlicher Wohnort begründet keine Ausnahme
Im Interesse einer Gleichbehandlung aller Versicherter konnte daher laut SG nicht auf die von der Klägerin nachvollziehbar geschilderten Umstände eines ländlichen Wohnortes abgestellt werden. Umstände des Einzelfalls seien nur zu beachten, so das SG, wenn besondere qualitative Momente der Behinderung und nicht des Wohnortes ein "Mehr" an Mobilität erfordern. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen, sodass das von der beklagten Krankenkasse zur Verfügung gestellte Elektromobil mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h das Grundbedürfnis der Mobilität ausreichend im Sinne der Krankenversicherung gewährleiste.