Selbstverpflichtende Regeln für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung verschärft

Die Werbewirtschaft verschärft ihre selbstverpflichtenden Verhaltensregeln für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. Dies hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mitgeteilt. Zum einen werde die Altersgrenze für die Anwendung der Regeln angehoben, zum anderen die Bewerbung ungesunder Lebensmittel wie Fast Food oder Süßigkeiten gegenüber Kindern eingeschränkt. Verbraucherschützern gehen die neuen Regeln nicht weit genug.

Gesunde Eigenschaften dürfen nicht mehr hervorgehoben werden

Laut Ministerium hat der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft den Schutzkreis der Verhaltensregeln ausgeweitet: Ihnen unterfalle Werbung, die sich – entsprechend der Maßgabe im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – an unter 14-Jahrige (bisher: unter 12-Jährige) richte. Bei Lebensmitteln, die besonders viel Fett, Zucker und Salz enthalten, dürften keine positiven Ernährungseigenschaften mehr hervorgehoben werden, wenn die Werbung im Umfeld von Kindersendungen ausgestrahlt wird oder sich durch ihre Aufmachung direkt an Kinder richtet. Dies gelte nicht nur für Fernsehwerbung, sondern auch für Internetwerbung, etwa auf Social-Media-Plattformen wie "Youtube" und "TikTok".

Verbraucherschützer kritisieren Regeln als unzureichend

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat die neuen Regeln der Werbewirtschaft als "durchsichtiges Täuschungsmanöver" kritisiert. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft "nimmt lediglich kosmetische Korrekturen vor, die Kinder und Jugendliche weiterhin nicht wirksam schützen werden", sagte vzbv-Vorstand Klaus Müller im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Wirtschaft verspreche lediglich, nicht mehr in Kombination mit Gesundheitsversprechen zu werben. Unklar sei schon, ab wann genau der Zucker-, Fett- und Salzgehalt so hoch ist, dass die neue Regel greift. Zudem sei die Gestaltung von Verpackungen überhaupt nicht von den Regeln erfasst. "Das ist ein Armutszeugnis." 

Gesetzliche Regeln statt Selbstverpflichtungen

Die Verbraucherschützer forderten die Regierung zum Handeln auf: "Bundesernährungsministerin Julia Klöckner darf nicht länger auf die Selbstregulierung der Lebensmittelindustrie setzen und muss den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Fehlernährung und Übergewicht endlich selbst in die Hand nehmen", sagte Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für das an Kinder gerichtete Lebensmittelmarketing brauche es "strenge gesetzliche Regelungen". Das wünschten sich laut einer Umfrage des vzbv auch über 80% der Verbraucher. "Bund und Länder müssen dringend tätig werden. An Kinder gerichtete Werbung und Verpackungsgestaltung bei Lebensmitteln sollte künftig nur noch zulässig sein, wenn die Lebensmittel den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation entsprechen", so Müllers Appell.

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2021.

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