Seibert-Fohr wird neue deutsche Stimme am EGMR

Deutschland bekommt in Kürze eine neue Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Den Zuschlag erhielt die Juristin und Hochschullehrerin Anja Seibert-Fohr aus Heidelberg. Diese erhielt am 27.06.2019 bei der Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats 82 von 128 gültigen Stimmen. Die 50-Jährige setzte sich damit gegen den Völkerrechtler und Hochschullehrer Thilo Marauhn sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Christiane Schmaltz durch. Eine erste Abstimmung über den Posten war am 26.06.2019 ohne Ergebnis geblieben, da keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erhalten hatte.

An Universität Heidelberg tätig

Seibert-Fohr arbeitet seit 2016 an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg am Institut für Staatsrecht, Verfassungslehre und Rechtsphilosophie. Sie hat dort den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Menschenrechte inne. Von 2013 bis 2017 war sie zudem Mitglied des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen.

Ersatz für Angelika Nußberger

Die Kandidaten wurden vom Bundeskabinett vorgeschlagen. Die neue Mandatsträgerin wird Anfang 2020 Angelika Nußberger ablösen, seit 2011 die deutsche Stimme am EGMR und mittlerweile auch Vizepräsidentin des Gerichtshofs. Sie hoffe, dass der Gerichtshof weiterhin so effektiv wie bisher arbeiten könne, auch wenn das politische Fahrwasser derzeit nicht einfach sei, sagte Nußberger nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Als Richter am EGMR habe man die Chance, die deutsche Rechtskultur einzubringen.

2018 rund 500 "deutsche" Fälle vor EGMR

Im Jahr 2018 bearbeitete der EGMR nach eigenen Angaben 501 Beschwerden, bei denen es um deutsche Fälle ging. 478 von ihnen wurden demnach abgewiesen. 23 Beschwerden wurden angenommen, in 19 Fällen Urteile gesprochen, in zwei Fällen wurde mindestens ein Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention festgestellt. Deutschland musste im Lauf der Jahre auf Drängen des EGMR zum Beispiel sein System zur Sicherungsverwahrung von Straftätern nachbessern. Der Gerichtshof stärkte auch die Rechte von unverheirateten Vätern (NJW 2010, 501) und entschied, dass Kruzifixe in Klassenzimmern mit der Menschenrechtskonvention vereinbar seien.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juni 2019 (dpa).

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