Seehofer fordert deutlich längere Vorratsdatenspeicherung

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) fordert eine Vorratsdatenspeicherung von sechs Monaten, um vor allem den Kampf gegen Kindermissbrauch und Kinderpornografie voranzutreiben. "Da Hinweise auf relevante IP-Adressen häufig erst nach mehreren Monaten bei den Ermittlungsbehörden eingehen, sollte die Speicherfrist nur für IP-Adressen von zehn Wochen auf mindestens sechs Monate verlängert werden", schrieb der Minister.

Thema seit Jahren umstritten

Das Schreiben ging am 14.07.2020 an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und lag der Deutschen Presse-Agentur auszugsweise vor. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Anbieter gesetzlich verpflichtet, die Telefon- und Internetverbindungsdaten der Nutzer zu sichern, sodass Ermittler später darauf zugreifen können. Über das Thema wird seit Jahren vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. In Deutschland ist bisher eine Speicherfrist von zehn Wochen vorgesehen, die Regelung liegt aber auf Eis.

Spielräume durch neues EuGH-Urteil?

Der Europäische Gerichtshof hatte 2016 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar sei. In den kommenden Monaten wird ein weiteres Urteil des EuGH erwartet, von dem sich Seehofer Spielräume erhofft. Dennoch halte er es für sinnvoll, die Änderungen schon jetzt vorzunehmen, so Seehofer, "damit diese nach einem die Vereinbarkeit der deutschen Regelungen mit EU-Recht bestätigenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs zeitnah umgesetzt werden können". IP-Adressen stellten oft den ersten und einzigen Ermittlungsansatz dar, der den Ermittlungsbehörden in Fällen von Kinderpornografie zur Verfügung stehe. "Ohne die verpflichtende Speicherung von IP-Adressen bei den Telekommunikationsanbietern bleiben zwangsläufig zahlreiche Fälle unaufgeklärt."

Lambrecht will EuGH-Urteil abwarten

Lambrecht will dagegen noch warten. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte der "Bild am Sonntag", die zuerst über das Schreiben berichtet hatte: "Ein gesetzlicher Anpassungsbedarf kann sinnvoll erst geprüft werden, wenn die Gerichte entschieden haben."

Redaktion beck-aktuell, 27. Juli 2020 (dpa).