Beschuldigte gehören Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene an
Die Männer hatten sich laut Bundesanwaltschaft um halbautomatische Schusswaffen bemüht und wollten mit Gewalt gegen den Rechtsstaat kämpfen. Nach bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben. Nach den Ermittlungen hatten sie sich spätestens am 11.09.2018 als Gruppe zusammengeschlossen. Die Polizei durchsuchte mehrere Wohnungen sowie weitere Räumlichkeiten im Raum Chemnitz. Dabei wurden unter anderem Schlagstöcke, ein Luftdruckgewehr und Speichermedien gefunden. Bayern ist nach Presseinformationen lediglich involviert, weil einer der sechs dort auf der Durchreise festgenommen wurde.
Beteiligung an Ausschreitungen in Chemnitz zu klären
Zusammen mit den Behörden in Sachsen werde man nun klären, inwieweit die Vernetzung gehe und ob die Beschuldigten an den Ausschreitungen in Chemnitz beteiligt waren, hieß es aus Karlsruhe. Christian K., die mutmaßliche Führungsfigur war bereits am 14.09.2018 wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden und sitzt seither in U-Haft. Wie K. sollen auch fünf der nun Festgenommenen am 14.09.2018 mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroschocker in Chemnitz Ausländer angegriffen und verletzt haben. Die Bundesanwaltschaft erklärte, die Mitglieder der neu formierten Gruppe sollen Angriffe auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant haben. "Zu den politisch Andersdenkenden zählen die Beschuldigten den Erkenntnissen zufolge auch Vertreter des politischen Parteienspektrums und Angehörige des gesellschaftlichen Establishments.“
Politiker warnen vor rechter Terrorgefahr
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte vor einer generell unverändert hohen Terrorgefahr. Zugleich begrüßte er die Festnahmen. Das sei die Realisierung unseres Grundsatzes "Null Toleranz gegenüber Rechtsradikalen und Rechtsextremisten". Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Von rechtem Terror geht reale und große Gefahr aus.“ Hooligans, Skinheads und Neonazis schlössen sich zu gefährlichen Gruppen zusammen, um mit schweren Gewalttaten Angst und Hass zu verbreiten. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem entscheidenden Schlag im Kampf gegen Rechtsextremismus: "Wer aus niederen Motiven Anschläge auf Ausländer, Amtsträger, Politiker oder andere Menschen plant, dem begegnet das Gesetz zu Recht mit ganzer Härte." Der sächsische Grünen-Politiker Valentin Lippmann sagte: "Dass der Generalbundesanwalt nach der Terrorgruppe Freital innerhalbvon nicht einmal drei Jahren die nächsten Ermittlungen gegen eine mutmaßliche Terrorgruppe in Sachsen einleiten muss, macht deutlich,
wie groß und existenziell das Problem mit Rechtsextremismus in Sachsen ist."
NSU und "Gruppe Freital"
Der Zugriff lässt Erinnerungen an den NSU und die "Gruppe Freital" aufkommen. Der NSU flog 2011 auf, seine Mitglieder Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten fast 14 Jahre lang im Untergrund gelebt - zuletzt im sächsischen Zwickau. Die beiden Männer ermordeten zehn Menschen zumeist ausländischer Herkunft. Von der Vereinigung "Gruppe Freital" wurden acht Mitglieder im März 2018 vom Oberlandesgericht Dresden unter anderem wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe und wegen versuchten Mordes zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt. Die Gruppe hatte 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt. Dabei wurden zwei Menschen leicht verletzt.
Rückblick: Ausschreitungen in Chemnitz
In Chemnitz hatte es Ende August und im September 2018 fremdenfeindliche Übergriffe und Proteste gegeben. Auslöser war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande eines Stadtfestes. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber. Es folgten von Hooligans angeführte Demonstrationen und sogenannte Trauermärsche, bei denen es zu ausländerfeindlichen Übergriffen kam. Ein Video, das eine kurze Jagdszene zeigt, löste eine Debatte über den Begriff "Hetzjagd" aus. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hatte zunächst die Echtheit des Videos angezweifelt. Wenig später musste er seinen Posten räumen.