Ausnahme für Gotteshäuser
Von den 26 Kantonen stimmten die eher konservativen teils mit mehr als 60% für das Verbot, etwa der Tessin oder Schwyz. Sechs Kantone lehnten das Verbot ab. Es muss nun in die Verfassung aufgenommen werden und gilt auf der Straße, in Restaurants und Geschäften. Nur für Gotteshäuser gibt es eine Ausnahme. Auf lokaler Ebene gibt es solche Verbote bereits in den Kantonen St. Gallen und Tessin. Offiziell war in der Abstimmungsvorlage von einem Verhüllungsverbot die Rede. Auch Demonstranten dürfen ihr Gesicht daher künftig nicht mehr verstecken. Der Verein, der die Volksabstimmung mit einer Unterschriftensammlung durchsetzte, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Vorstoß auf die muslimische Verschleierung zielte.
Initiator: Kampf gegen radikalen Islam
Der radikale Islam müsse in die Schranken verwiesen werden, sagte Anian Liebrand von der rechtskonservativen SVP am Sonntag im Schweizer Fernsehen. Er ist Geschäftsführer des Egerkinger Komitees, das die Unterschriften zur Durchsetzung der Abstimmung gesammelt hatte. Dieser Verein hatte 2009 auf gleichem Weg durchgesetzt, dass keine neuen Minarette in der Schweiz gebaut werden dürfen. "Es geht nur gegen die Radikalen", sagte SVP-Nationalrat Mike Egger.
Rund 30 Nikabträgerinnen in der Schweiz
Die Gegner des Verbots warfen dem Verein vor, nur Stimmung gegen Muslime machen zu wollen. Mit dem Verbot werde die Gleichberechtigung der Frauen nicht gefördert. In einer freiheitlichen Gesellschaft dürfe es derartige Kleidervorschriften nicht geben. Feministinnen kritisierten, dass auf dem Rücken von Frauen Politik gemacht werde, denn sie müssten künftig mit Bußgeldern rechnen. Der Anteil der Muslime in der Schweiz lag 2018 bei 5,3%. Die Zahl der Nikabträgerinnen wird auf rund 30 geschätzt.
EGMR nickte Verbot 2014 ab
Die französische Soziologin Agnès De Féo beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema. Nach ihren Angaben sind Frauen in Europa, die sich verhüllen, vielfach erst als Teenager oder Erwachsene zum Islam übergetreten. Sie seien in aller Regel nicht unterdrückt, sondern sehr forsch und wollten mit dem Gewand gegen das gängige Mode- und Schönheitsideal protestieren, sagte sie der "NZZ". In Frankreich habe der Nikab durch das dortige Verhüllungsverbot als Zeichen des Protests an Bedeutung gewonnen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte 2014, dass das Verhüllungsverbot weder gegen die Meinungs- noch gegen die Religionsfreiheit verstößt.
Schweizer lehnen elektronischen Personalausweis ab
Sehr deutlich lehnten die Schweizer bei der Volksabstimmung zudem einen von der Regierung geplanten elektronischer Personalausweis (e-ID) ab, mit 65,36%. Das Projekt war umstritten, weil private Unternehmen den Ausweis ausstellen sollten. Dagegen wurde ein Freihandelskommen mit Indonesien mit 51,66% der Stimmen angenommen. Damit sinken Zölle auf eine bestimmte Menge nachhaltig produzierten Palmöls. Gegner argumentierten vergeblich, das heize die Palmölproduktion an und zerstöre dadurch mehr Regenwald.