Straf­tat, OWi oder weder noch? Re­form zum Schwarz­fah­ren kommt nicht voran

Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) hat eine Mo­der­ni­sie­rung des Straf­ge­setz­buchs an­ge­kün­digt. Das Vor­ha­ben stockt aber. Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler sagen nun, er solle zu­min­dest die Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Fah­rens ohne Fahr­schein vor­an­trei­ben.

In einem of­fe­nen Brief an den Mi­nis­ter haben Kri­mi­no­lo­gen und an­de­re Wis­sen­schaft­ler vor­ge­schla­gen, Schwarz­fah­ren künf­tig weder als Straf­tat zu be­han­deln noch als Ord­nungs­wid­rig­keit zu ahn­den. In ihrem Schrei­ben, das der dpa vor­liegt, be­grün­den sie ihren Vor­stoß unter an­de­rem damit, dass der Straf­tat­be­stand über­pro­por­tio­nal arme Men­schen und sol­che in pre­kä­ren Le­bens­la­gen be­trifft - etwa Dro­gen­ab­hän­gi­ge.

Als Un­ter­stüt­zer des Vor­schlags, der von zwei Wis­sen­schaft­le­rin­nen aus Köln und Frank­furt am Main ver­fasst wurde, sind unter dem Brief unter an­de­rem Chris­ti­ne Gra­ebsch von der Fach­hoch­schu­le Dort­mund, Ste­fan Har­ren­dorf von der Uni­ver­si­tät Greifs­wald, sowie Sonja John von der Hes­si­schen Hoch­schu­le für öf­fent­li­ches Ma­nage­ment und Si­cher­heit auf­ge­führt.

Busch­mann hatte im No­vem­ber Eck­punk­te für eine Re­form des Straf­ge­setz­bu­ches vor­ge­legt, die das Schwarz­fah­ren ent­kri­mi­na­li­sie­ren soll. Das Fah­ren ohne gül­ti­gen Fahr­schein soll­te dem­nach in Zu­kunft nicht mehr als Straf­tat be­han­delt wer­den, son­dern als Ord­nungs­wid­rig­keit. Dis­kus­sio­nen in der Ampel-Ko­ali­ti­on hat al­ler­dings ein an­de­rer Teil des Vor­ha­bens aus­ge­löst. Busch­mann will eine Mög­lich­keit schaf­fen, Un­fäl­le, bei denen nur ein Sach­scha­den ent­stan­den ist, on­line zu mel­den. Damit müss­te der Ver­ur­sa­cher nicht mehr vor Ort auf den Be­sit­zer des be­schä­dig­ten Fahr­zeu­ges oder auf die Po­li­zei war­ten, wenn er eine Stra­fe wegen Un­fall­flucht ver­mei­den will.

Im Ja­nu­ar sagte Busch­mann dann, ein kon­kre­ter Ent­wurf für die Re­form sei wahr­schein­lich in der ers­ten Hälf­te 2024 zu er­war­ten. Ein Spre­cher sei­nes Mi­nis­te­ri­ums sagte nun auf An­fra­ge, das Vor­ha­ben werde wei­ter­ver­folgt. Ziel sei es, zeit­nah einen Ent­wurf vor­zu­le­gen.

Schwarz­fahr­ten oft durch ar­beits­lo­se Men­schen

In der Regel müss­ten beim Er­schlei­chen von Leis­tun­gen gemäß § 265a StGB keine Bar­rie­ren über­wun­den wer­den und der Scha­den pro Fahrt ohne gül­ti­ges Ti­cket sei mar­gi­nal, ar­gu­men­tie­ren die Ver­fas­se­rin­nen des Briefs an Busch­mann. Der Gro­ß­teil der Men­schen, die eine Er­satz­frei­heits­stra­fe auf­grund des Fah­rens ohne Fahr­schein ver­bü­ß­ten, sei ar­beits­los.

Gegen eine Her­ab­stu­fung zur Ord­nungs­wid­rig­keit spricht aus Sicht der Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler, dass die Ge­fahr be­stehe, "dass Men­schen, die sich eine Fahr­kar­te und fol­gend das Bu­ß­geld nicht leis­ten kön­nen, über die Er­zwin­gungs­haft in­haf­tiert wer­den". Zwar könne diese nur an­ge­ord­net wer­den, wenn je­mand nicht zah­lungs­un­fä­hig sei. Dies nach­zu­wei­sen sei al­ler­dings für Be­trof­fe­ne, die psy­chisch und phy­sisch stark be­las­tet seien, kaum zu leis­ten. Bis­her wer­den viele nicht be­zahl­te Geld­stra­fen durch Zah­lungs­un­fä­hi­ge auf Grund von Schwarz­fah­ren mit einer Er­satz­frei­heits­stra­fe ver­bü­ßt. 

Auch wäre eine Klas­si­fi­zie­rung als Ord­nungs­wid­rig­keit mit gro­ßem Ver­wal­tungs­auf­wand und ent­spre­chen­den Kos­ten ver­bun­den. Den Ver­kehrs­un­ter­neh­men stehe es frei, bei Nicht­zah­lung In­kas­so­un­ter­neh­men ein­zu­schal­ten, um das Geld ein­zu­trei­ben.

Redaktion beck-aktuell, js, 6. August 2024 (ergänzt durch Material der dpa).

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