Schwangere darf Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge wegen erhöhter Infektionsgefahr verlassen

Eine schwangere Asylsuchende und ihr Ehemann haben erreicht, dass sie nicht länger in der Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge wohnen müssen. Seine entsprechende Eilentscheidung begründete das Verwaltungsgericht Münster mit der erhöhten Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus in der Einrichtung.

Antragsteller monieren beengte Wohnverhältnisse und fehlende Reinigungsmittel

Ihnen sei die Einhaltung des gebotenen Mindestabstands zwischen zwei Personen von 1,50 Meter in der Einrichtung nicht möglich, da die dortigen Wohnverhältnisse beengt seien, monierten die Antragsteller. Sanitäranlagen müssten sie sich mit anderen Bewohnern teilen. Auch stünden keine Reinigungsmittel zur Verfügung. Daher sei ihre Verpflichtung, in der Einrichtung zu wohnen, zumindest vorübergehend zu beenden.

Anforderungen aus Corona-Schutzverordnung nicht einhaltbar

Das VG beendete die Wohnverpflichtung der Antragsteller in der Flüchtlingsunterkunft vorläufig. Dies sei zur Seuchenprävention, aber insbesondere zum Schutz der Antragsteller selbst vor Ansteckung mit dem Coronavirus geboten. Nordrhein-Westfalens aktuelle Corona-Schutzverordnung enthalte für verschiedene Lebensbereiche Abstandsregeln von mindestens 1,50 Meter zwischen Personen sowie weitere Regelungen etwa zu Kontaktbeschränkungen und des Tragens von Mund-Nase-Bedeckungen. Dies zeige, dass der Verordnungsgeber eine Ausbreitung des Virus durch das Zusammentreffen von Menschen bei Zusammenkünften und in Einrichtungen aller Art als besonders wahrscheinlich ansehe. Es würde einen Wertungswiderspruch zu den Regelungen der Verordnung darstellen, wollte man den Bereich der Asylbewerberunterkünfte anders behandeln, so das VG.

Ausreichende Maßnahmen zum Infektionsschutz nicht dargelegt

Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsteller sei hier von unzureichenden Hygienezuständen auszugehen. Die Antragsteller seien nicht gehalten, bei der für den Betrieb der Einrichtung verantwortlichen Stelle auf Abhilfe zu drängen. Vielmehr sei es insbesondere angesichts der Pandemielage Aufgabe des Antragsgegners, über die Zustände vor Ort Kenntnis zu haben und bei Defiziten für Abhilfe zu sorgen. Der Antragsgegner habe jedoch nicht überzeugend dargelegt, dass und welche Maßnahmen in der Einrichtung einen ausreichenden Ansteckungsschutz vor dem Coronavirus gewährleisteten. Auch weil die Antragstellerin aufgrund ihrer weit fortgeschrittenen Schwangerschaft zu einer besonders vulnerablen Personengruppe gehöre, sei ihre Wohnverpflichtung daher vorläufig zu beenden.

VG Münster, Beschluss vom 07.05.2020 - 6a L 365/20

Redaktion beck-aktuell, 11. Mai 2020.