Schon fünf rechts­wid­ri­ge Ab­schie­bun­gen seit Jah­res­be­ginn

Die Be­hör­den haben im lau­fen­den Jahr (Stand vom 08.08.2018) be­reits fünf Aus­län­der rechts­wid­rig ab­ge­scho­ben. Das geht aus einer Ant­wort des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums auf eine schrift­li­che Frage der Grü­nen-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Mar­ga­re­te Bause her­vor, die der Deut­schen Pres­se-Agen­tur vor­liegt. In allen Fäl­len seien "die er­for­der­li­chen Ver­wal­tungs­ak­te noch nicht voll­zieh­bar" ge­we­sen, schreibt das Mi­nis­te­ri­um. 

Häu­fung seit Jah­res­be­ginn auf­fäl­lig

Die Zah­len be­zie­hen sich auf den Stand vom 08.08.2018. Seit­dem gab es noch einen Ab­schie­be­flug nach Af­gha­ni­stan. Die Häu­fung seit Jah­res­be­ginn ist auf­fäl­lig. So sind der Bun­des­re­gie­rung für die Jahre 2015 und 2016 keine rechts­wid­ri­gen Ab­schie­bun­gen be­kannt und für das Jahr 2017 zwei Fälle. Die Be­trof­fe­nen wur­den in ihre Her­kunfts­län­der Ni­ge­ria, Af­gha­ni­stan, Ko­so­vo, Ma­rok­ko, Sim­bab­we, China und Tu­ne­si­en ab­ge­scho­ben.

In zwei Fäl­len noch keine Rück­ho­lungs­ent­schei­dung ge­trof­fen

In fünf der sie­ben Fälle hat die Bun­des­re­gie­rung nach ei­ge­nen An­ga­ben "eine um­ge­hen­de Rück­ho­lung" be­trie­ben. In drei die­ser Fälle reis­ten die Be­trof­fe­nen auch be­reits wie­der nach Deutsch­land ein, in den an­de­ren bei­den noch nicht. "In zwei wei­te­ren Fäl­len ist noch keine Ent­schei­dung zur Rück­ho­lung ge­trof­fen wor­den", schreibt das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um. Bei einem von ihnen könn­te es sich um den Is­la­mis­ten Sami A. han­deln, der nach einem Ur­teil des nord­rhein-west­fä­li­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 16.08.2018 nun auch nach Deutsch­land zu­rück­ge­holt wer­den muss.

Grüne: Ar­muts­zeug­nis für Rechts­staat

"Dass die Bun­des­re­gie­rung in zwei von sie­ben Fäl­len noch keine Ent­schei­dung zur Rück­füh­rung ge­trof­fen hat, ist die­sen Be­trof­fe­nen ge­gen­über eine Zu­mu­tung und ein Ar­muts­zeug­nis für un­se­ren Rechts­staat", be­klag­te die flücht­lings­po­li­ti­sche Spre­che­rin des Grü­nen-Frak­ti­on, Luise Amts­berg.

Bause: Be­hör­den­ver­hal­ten stellt Rechts­staat in Frage 

Die wach­sen­de Zahl gebe An­lass zur Sorge, er­klär­te ihre Par­tei­kol­le­gin Bause, die auch Spre­che­rin für Men­schen­rech­te und hu­ma­ni­tä­re Hilfe ist. "Dass Be­hör­den lau­fen­de Ver­fah­ren igno­rie­ren oder Ge­richts­ur­tei­le miss­ach­ten, stellt grund­le­gen­de Prin­zi­pi­en un­se­res de­mo­kra­ti­schen Rechts­staa­tes in Frage. Das dür­fen wir nicht auf die leich­te Schul­ter neh­men." Sie er­war­te von der Bun­des­re­gie­rung und den Län­dern eine scho­nungs­lo­se Feh­ler­ana­ly­se.

Zahl der als rechts­wid­rig ein­ge­stuf­ten Ab­schie­bun­gen im Ver­hält­nis zu Ab­schie­be­zah­len ge­ring

Trotz des An­stiegs stu­fen die Be­hör­den nur einen ge­rin­gen Teil der Ab­schie­bun­gen als rechts­wid­rig ein. So wur­den 2017 ins­ge­samt 23.966 Men­schen ab­ge­scho­ben, von Ja­nu­ar bis Juni 2018 waren es 12.261 Ab­schie­bun­gen, wie aus Ant­wor­ten der Bun­des­re­gie­rung auf An­fra­gen der Links­frak­ti­on her­vor­geht. Für Ab­schie­bun­gen sind in ers­ter Linie die Bun­des­län­der zu­stän­dig, ob­wohl Bun­des­po­li­zis­ten die Flüge be­glei­ten.

Ui­gu­re rechts­wid­rig nach China ab­ge­scho­ben

Die Bun­des­re­gie­rung nennt zwar keine wei­te­ren De­tails zu den be­trof­fe­nen Per­so­nen, ein Teil ist aber öf­fent­lich be­kannt. So wurde ein An­ge­hö­ri­ger der mus­li­mi­schen Min­der­heit der Ui­gu­ren am 03.04.2018 zu­rück nach China ge­schickt, ob­wohl über sei­nen Asyl­fol­ge­an­trag noch nicht ent­schie­den war. Die chi­ne­si­sche Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei geht mit mas­si­ven Re­pres­sa­li­en gegen die ui­gu­ri­sche Un­ab­hän­gig­keits­be­we­gung vor. Die Be­hör­den in Mün­chen wol­len eine Mit­tei­lung des Bun­des­amts für Mi­gra­ti­on und Flücht­lin­ge (Bamf) nicht er­hal­ten haben. Deutsch­land be­müht sich nun, den 23-Jäh­ri­gen zu­rück­zu­ho­len.

Na­si­bull­ah S. rechts­wid­rig nach Af­gha­ni­stan ab­ge­scho­ben 

Der zu Un­recht aus Neu­bran­den­burg ab­ge­scho­be­ne Af­gha­ne Na­si­bull­ah S. ist seit dem ver­gan­ge­nen Wo­chen­en­de zu­rück in Deutsch­land. Der 20-Jäh­ri­ge war einer von jenen 69 Men­schen, die am 69. Ge­burts­tag von Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Horst See­ho­fer (CSU) ab­ge­scho­ben wor­den waren. In der Hei­mat sah er sich von den Ta­li­ban ver­folgt, sein Asyl­an­trag wurde aber ab­ge­wie­sen. Da­ge­gen klag­te er, die Ent­schei­dung stand noch aus. Zur Ab­schie­bung kam es laut See­ho­fer, weil seine Iden­ti­tät falsch zu­ge­ord­net wurde.

Zu Un­recht ab­ge­scho­be­ner Ha­sch­ma­tul­lah F. darf nach Rück­ho­lung blei­ben

Auch Ha­sch­ma­tul­lah F. durf­te aus Af­gha­ni­stan nach Deutsch­land zu­rück­kom­men. Er war im Ok­to­ber 2017 ab­ge­scho­ben und auf An­ord­nung des Ver­wal­tungs­ge­richts im baden-würt­tem­ber­gi­schen Sig­ma­rin­gen im De­zem­ber 2017 zu­rück­ge­holt wor­den. Der 24-Jäh­ri­ge kann in Deutsch­land blei­ben, nach­dem ein Ge­richt im Juni sei­ner Klage gegen die Ab­leh­nung sei­nes Asyl­an­trags statt­gab. F. wurde nach ei­ge­nen An­ga­ben in Af­gha­ni­stan von den Ta­li­ban bei­na­he um­ge­bracht, weil er als Sol­dat mit den Ame­ri­ka­nern zu­sam­men­ge­ar­bei­tet habe.

Redaktion beck-aktuell, 17. August 2018 (dpa).

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