Steuerverlust von 31,8 Milliarden Euro in Deutschland
Mit dem Hin- und Herschieben von Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch hatten Investoren viel Geld zu Lasten der Staatskasse eingestrichen. Anleger ließen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. "Cum-Ex" gilt als größter Steuerskandal der deutschen Geschichte. Europaweit soll sich der Schaden aus steuergetriebenen Aktiengeschäfte wie "Cum-Ex" und "Cum-Cum" auf mehr als 55 Milliarden Euro belaufen. Deutschen Finanzämtern sind nach Berechnungen des Steuerexperten Christoph Spengel von der Universität Mannheim zwischen 2001 und 2016 mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen. In Deutschland schloss der Staat das Steuerschlupfloch im Jahr 2012 - zu spät, wie Kritiker monieren.
Ermittlungen in 499 Verdachtsfällen mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro
Nach früheren Angaben des Bundesfinanzministeriums gehen Ermittler inzwischen 499 Verdachtsfällen mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro nach. Davon seien bisher 2,4 Milliarden Euro an Kapitalertragsteuer erfolgreich zurückgefordert oder gar nicht erst ausgezahlt worden.
Wegweisender Prozess vor LG Bonn
Anfang September 2019 begann vor dem Landgericht Bonn der erste Strafprozess gegen zwei britische Wertpapierhändler. Bisher ist nicht höchstrichterlich geklärt, ob "Cum-Ex"-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Der Bonner Prozess gilt in dieser Frage als wegweisend.
Task Force soll Informationen über Handlungsmuster und Akteure bündeln
Scholz will die neue Einheit, die mit insgesamt 48 Stellen ausgestattet und beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet werden soll, dem Vernehmen nach am 18.11.2019 bei einer Sitzung den Chefs der Steuerabteilungen bei Bund und Ländern vorstellen, berichtete die Zeitung weiter. Sie soll "Informationen über Handlungsmuster und Akteure" in einer Hand bündeln und auswerten. Landesbehörden, die Finanzaufsicht Bafin sowie ausländische Ermittlungsbehörden sollen bei ihr Ansprechpartner finden. Für die Task Force seien Ausgaben von etwa 21 Millionen Euro veranschlagt, die im Bundeshaushalt 2020 schon eingeplant seien.
FDP: Hochprofessionelle Einheit erforderlich im Kampf gegen organisierten Steuerbetrug
Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, sagte dem "Handelsblatt" dazu: "Ich befürworte diese Idee mit Nachdruck." Die Liberalen hätten bereits vor einem Jahr im Zug von Enthüllungen eine solche Einheit gefordert. "Durch organisierten Steuerbetrug entsteht ein immenser Schaden, es wird Zeit, dass der Staat diesem kriminellen Treiben mit einer hochprofessionellen Einheit begegnet."
Grüne fordern Task Force mit mehr Kompetenzen
Kritisch äußert sich hingegen die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus: "Der Vorschlag von Olaf Scholz kommt spät und greift kurz." Nötig sei eine Task Force, die "auch ein Mandat für die Steuerprüfung von Konzernen und Einkommensmillionären bekommt".
Steuergewerkschaft lobt geplante Task Force
Von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft kam Lob: "Eine solche Spezialeinheit ist notwendig, um die geplante Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle rasch mit Leben zu erfüllen", sagte deren Vorsitzender Thomas Eigenthaler dem "Handelsblatt". Es gehe darum, "findigen Steuerakrobaten früher als bisher ins Handwerk zu pfuschen". Die Steuerverwaltung brauche viel früher als bisher Informationen über Handlungsmuster und Modelle. "Wir können nicht wieder wie bei Cum-Ex viele Jahre warten, bis sich endlich etwas tut."