Schmerzhafte Einigung: US-Milliardenstrafe für Deutsche Bank

Die Deutsche Bank hat ein Problem weniger. Das ist die gute Nachricht. Peanuts jedoch sind die insgesamt 7,2 Milliarden Dollar (rund 6,9 Milliarden Euro) Strafe für Hypothekendeals in den USA aus der Zeit vor der jüngsten Finanzkrise für Deutschlands größtes Geldhaus keineswegs – auch wenn die Summe wie erwartet geringer ausfällt als die 14 Milliarden Dollar, mit denen die US-Justiz zunächst gedroht hatte. Der Puffer für die Sünden der Vergangenheit war zuletzt gerade einmal 5,9 Milliarden Euro dick – und zum Verdacht von Geldwäsche und Sanktionsverstößen bei Geschäften in Russland laufen die Ermittlungen noch.

7.800 Rechtsstreitigkeiten

Allzu gerne würde der runderneuerte Vorstand um den Briten John Cryan, der sich jeden Dienstag in den Frankfurter Zwillingstürmen zusammensetzt, alle Kraft darauf verwenden, die Zukunft des Dax-Konzerns zu gestalten. Die aktuellen Herausforderungen für die Branche sind eigentlich schon groß genug: Zinstief, strengere Regulierung, Digitalisierung. Doch bei der Deutschen Bank sind die Lasten der Vergangenheit gewaltig – auch wenn Cryan bei der Aufarbeitung aufs Tempo drückt: Mit 7.800 Rechtsstreitigkeiten schlägt sich die Bank nach jüngsten Angaben herum, wenn auch meist mit geringem Streitwert.

Investmentbanking als teure Belastung

Vor allem im lange hochgelobten Investmentbanking entpuppen sich einst scheinbar lukrative Deals als teure Belastung. Und weil ein guter Teil des Geschäfts über die Weltfinanzmetropole New York lief, sind die US-Staatsanwälte am Drücker. Die harte Hand der amerikanischen Justiz haben dabei nahezu alle großen Banken bereits zu spüren bekommen. Stück für Stück werden selbst ein Jahrzehnt zurückliegende Fälle aufgearbeitet. Auch andere Finanzriesen wie die Bank of America, JPMorgan Chase oder Goldman Sachs mussten schon bluten – teils mit deutlich höheren Summen als die Deutsche Bank.

"Punitive Damages" prägen US-Rechtssystem

Dass die Forderungen der US-Justiz in aller Regel deutlich höher ausfallen als die in Europa, liegt an den "Punitive Damages" im US-Rechtssystem – damit soll im Zivilrecht nicht nur ein entstandener Schaden ersetzt werden, sondern es soll auch eine Bestrafung und Abschreckung erfolgen. Es soll wehtun. So war die Bank of America einen 17 Milliarden Dollar schweren Vergleich eingegangen. Sich angesichts der möglichen Strafen einfach aus dem US-Markt zurückziehen, wäre für ausländische Finanzkonzerne aber keine Lösung – die Währung der Finanzwelt ist immer noch der US-Dollar und die Drehscheibe ist immer noch die Wall Street.

Aktienkurs auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten

Für die mitten im Umbau steckende Deutsche Bank bedeutete die Milliardenforderung aus den USA allerdings eine echte Gefahr: Die jahrelange Euro-Schuldenkrise, die niedrigen Zinsen und hausgemachte Probleme haben den Frankfurtern zugesetzt. Zwischenzeitlich bestand sogar die Sorge, dass die Bank staatliche Hilfe in Anspruch nehmen müsste. Das Schreckgespenst eines "Lehman 2.0" machte die Runde in Anspielung auf den verhängnisvollen Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. Der Aktienkurs der Deutschen Bank fiel im September auf den niedrigsten Stand aller Zeiten.

Lage mittlerweile entspannter

Inzwischen hat sich die Lage wieder deutlich entspannt. Der Kurs stieg von unter 10 Euro auf immerhin rund 18 Euro. Bankchef Cryan versicherte, sein Haus habe 2016 viel erreicht. Das bedeutete: Unrentable und risikoreiche Geschäfte aufgeben, neue Leute an Schaltstellen setzen und vor allem sparen, sparen, sparen.

Boni in Millionenhöhe auf Eis

Das Aufräumen indes ist noch nicht beendet - ebensowenig wie die Suche nach Schuldigen. Im Investmentbanking drehte die Deutsche Bank über Jahre das große Rad, Anshu Jain holte als Chef der Sparte über Jahre Milliardengewinne ins Haus – und verdiente selbst prächtig. Dass die Bank für etliche dieser Geschäfte später teuer bezahlen musste, soll auch an Cryans Vorgänger an der Konzernspitze und anderen früheren Top-Managern nicht spurlos vorübergehen: Boni in Millionenhöhe liegen auf Eis. Bereits im März hatte die Bank in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2015 angekündigt, dass noch nicht ausgezahlte variable Vergütungsbestandteile für etliche damals noch amtierende und ehemalige Top-Manager einbehalten werden sollen. Bei der Lösung der Probleme ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Redaktion beck-aktuell, Jörn Bender und Daniel Schnettler, 23. Dezember 2016 (dpa).

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