Rumäniens Parlament billigt umstrittene Strafrechtsmilderung für Amtsmissbrauch

Rumänien wurde vor mehr als zehn Jahren Mitglied der EU - unter der Bedingung, den Rechtsstaat weiter zu stärken. Änderungen des Strafrechts für Amtsmissbrauch könnten nun den Kampf gegen Korruption erschweren. Das rumänische Abgeordnetenhaus hat mit knapper Mehrheit Änderungen des Strafrechts beschlossen, die korruptionsverdächtigen Politikern zugute kommen. Staatspräsident Klaus Iohannis nannte den Akt "geradezu empörend" und kündigte an, mit allen Mitteln zu versuchen, dieses Gesetz nicht in Kraft treten zu lassen.

Amtsmissbrauch nur noch bei persönlichem Vorteil strafbar

Die im Eiltempo beschlossenen Änderungen gehen auf eine Initiative der Regierungsparteien PSD (Sozialdemokraten)und ALDE (Liberale) zurück. Künftig soll Amtsmissbrauch nur noch strafbar sein, wenn er dem Täter oder dessen Familie einen persönlichen Vorteil verschafft. Kritikern zufolge ist damit der Begünstigung von Freunden einer Amtsperson Tür und Tor geöffnet. Aktuell sei allein aufgrund des neuen Gesetzes, sollte dieses in Kraft treten, mit Freisprüchen in 215 Amtsmissbrauchsverfahren zu rechnen, warnte die Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft, DNA. Zudem wurde das Höchststrafmaß für Amtsmissbrauch um zwei Jahre auf fünf Jahre gesenkt.

Präsident: "Diktatur der Mehrheit“

Präsident Klaus Iohannis will umgehend das Verfassungsgericht einschalten, um das Inkrafttreten des Gesetzes zu verhindern. Allerdings ist das Verfassungsgericht mehrheitlich mit regierungsfreundlichen Richtern besetzt. Das Votum im Parlament stelle eine "Diktatur der Mehrheit“ dar, die "der Demokratie zutiefst schadet“, sagte Iohannis. PSD habe dieses Gesetz "in Rekordzeit“ durch das Parlament gebracht, es habe nur "eine gemimte Debatte“ gegeben und man habe die Argumente der Opposition "niedergewalzt“. Die Strafrechtsänderungen seien teils unnötig, teils "giftig“, ereiferte sich der Staatschef. Auch die vor kurzem beschlossene Änderung der Strafprozessordnung will Iohannis vor dem Verfassungsgericht anfechten. Diese Gesetzesänderung schränkt die Macht der Staatsanwälte und die Nutzung von Beweismitteln erheblich ein.

Knappe Entscheidung für den umstrittenen Gesetzentwurf

In Rumänien tritt ein Gesetz erst mit der Unterschrift des Staatschefs in Kraft. Der Präsident kann vor der Unterschrift das Verfassungsgericht einschalten oder ein angenommenes Gesetz einmal zur Neuprüfung an das Parlament zurückverweisen. Am Vortag hatte bereits der Senat (obere Kammer) den Entwurf gebilligt, den mehrere EU-Staaten, der Europarat und die Fachwelt heftig kritisiert hatten. Im Abgeordnetenhaus wurde der Entwurf mit 167 Stimmen angenommen. Das sind nur zwei Stimmen mehr als notwendig. Es gab 97 Gegenstimmen und 19 Enthaltungen. Die ursprünglich für den 05.07.2018 geplante Schlussabstimmung wurde dafür kurzfristig vorverlegt.

PSD-Chef Liviu Dragnea würde von Gesetzesänderung profitieren

Straffrei bliebe durch die Neuregelung auch der PSD-Chef Liviu Dragnea, der vor kurzem in erster Instanz wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Sein Verfahren hat noch nicht alle möglichen Instanzen durchlaufen und es würde für ihn die gesetzlich günstigste Regelung greifen. Im Fall Dragnea war der Begünstigte nicht er persönlich, sondern seine Partei PSD, die zwei ihrer Angestellten vom Jugendamt bezahlen ließ, bei dem diese fiktiv angestellt waren. Dragnea darf wegen einer Vorstrafe aus dem Jahr 2016 wegen Wahlmanipulationen nicht selbst Ministerpräsident werden, kontrolliert aber die Regierung.

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2018 (dpa).

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