Rumänien: Richtervereinigungen kritisieren Entwürfe für Justizgesetz

Drei Vereinigungen von Richtern und Staatsanwälten in Rumänien haben die jüngsten Entwürfe des Justizministeriums für Gerichtsreformen scharf kritisiert. Die vorgeschlagenen Regelungen stünden im Gegensatz zu den Standards und Anforderungen der Europäischen Union, zu denen sich das Land verpflichtet habe, hieß es in der Stellungnahme, die gestern in Bukarest veröffentlicht wurden.

Gerichtliche Unabhängigkeit wurde unter Dragnea stark eingeschränkt

Im EU-Land Rumänien schwelt seit Jahren ein Streit um die Unabhängigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften bei der Korruptionsbekämpfung. Der sozialistische Ministerpräsident Livniu Dragnea, der von 2015 bis 2019 amtierte, ließ den Handlungsspielraum der bis dahin erfolgreich arbeitenden Sonderstaatsanwaltschaften DIICOT (gegen organisiertes Verbrechen) und DNA (Korruptionsbekämpfung) massiv einschränken. Für die Richter und Staatsanwälte wurde außerdem eine eigene, von der Regierung eingesetzte Disziplinarkammer geschaffen. Anschließend verbüßte Dragnea selbst eine Gefängnisstrafe wegen Korruption.

Richtervereinigungen kritisieren Reformentwürfe massiv

Die nachfolgende bürgerlich-sozialistische Koalition verpflichtete sich gegenüber der EU, die Unabhängigkeit der Justiz in vollem Umfang wiederherzustellen. Diese Zusage ist auch Voraussetzung dafür, dass Rumänien Gelder aus den Corona-Wiederaufbaufonds der EU erhält. Die bereits am vergangenen Donnerstag vorgelegten Gesetzesentwürfe wiesen allerdings nicht in diese Richtung, stellten die Richtervereinigungen fest. Unter anderem würden wichtige Richter- und Staatsanwaltsämter weiterhin politisch besetzt. Außerdem könne der von der Regierung ernannte Oberstaatsanwalt künftig die Einstellung von Verfahren der Sonderstaatsanwaltschaften anordnen. "Es ist einfach unverständlich, wieso diese Projekte in der vorgeschlagenen Form angenommen werden sollten", schrieben die Richter und Staatsanwälte.

Gitta Kharraz, 27. Juli 2022 (dpa).