Brüssel warnt Rumänien wegen Mängel in Justizsystem

Schon vor Monaten hatte die Europäische Kommission deutliche Bedenken am rumänischen Rechtsstaat geäußert. Die Regierung in Bukarest ging darauf jedoch nicht ein – ganz im Gegenteil und zum Missfallen der Brüsseler Behörde. Angesichts der jüngsten Einschnitte ins rumänische Justizsystem hat die EU-Kommission eine letzte Warnung an die sozialliberale Regierung in Bukarest ausgesprochen.

Kommission stört sich an Lockerung des Korruptionsstrafrechts

Falls notwendige Verbesserungen nicht in Kürze getroffen würden oder es weitere Schritte in die falsche Richtung gebe, werde die Brüsseler Behörde unverzüglich ein EU-Rechtsstaatsverfahren einleiten, heißt in einem Brief von Kommissionsvize Frans Timmermans an die rumänische Regierung vom 10.05.2019. Anlass des Briefs ist die Lockerung des Korruptionsstrafrechts in Rumänien. Dies sieht unter anderem vor, dass Verjährungsfristen für mehrere Delikte verkürzt werden. Nach Schmiergeldzahlungen sollen Täter straffrei bleiben, wenn sie sich binnen eines Jahres selbst anzeigen und vorher keine Ermittlungen begonnen haben. Zudem sollen Strafen für Unterschlagung und Amtsmissbrauch halbiert werden, falls die Täter den Schaden ersetzen. Timmermans listet die Bedenken in seinem Schreiben ausführlich auf.

Gesetz noch nicht in Kraft getreten

Das Gesetz ist im April 2019 vom Parlament beschlossen worden. In Kraft ist es aber noch nicht, weil der konservative Staatspräsident Klaus Iohannis es noch nicht unterschrieben hat. Stattdessen hat er es zur Überprüfung an das Verfassungsgericht geschickt. Wann ein Urteilsspruch kommt, ist unklar. Sollte das Gesetz in Kraft treten, würde die EU-Kommission unverzüglich handeln, heißt es. Bereits Anfang April 2019 hatte Timmermans mit "raschen und entschiedenen Maßnahmen" gedroht, sollte das Gesetz wirklich beschlossen werden.

Rumänien muss mit gravierenden Konsequenzen rechnen

Für den Fall, dass die rechtsstaatlichen Bedenken nicht ausgeräumt werden, droht Rumänien infolge des Rechtsstaatsverfahrens ein Verfahren nach Art. 7 der EU-Verträge. Dieses wird im übertragenen Sinne auch als "Atombombe" bezeichnet, weil EU-Staaten die Stimmrechte entzogen werden könnten. Timmermans stellt zudem Vertragsverletzungsverfahren in den Raum. Zudem macht er deutlich, dass die grundsätzliche Entwicklung in Rumänien ausschlaggebend für seinen Brief ist. Das Korruptionsgesetz sei symptomatisch für umfassendere Bedenken.

Rumänien wegen Rechtsstaatlichkeit unter besonderer Beobachtung

Die Kommission habe sich in den vergangenen Monaten mehrfach mit Fragen des Rechtsstaats in Rumänien befassen müssen. "Die Probleme, die wir identifiziert haben, und die Empfehlungen, durch die diese Bedenken ausgeräumt werden sollten, wurden nicht beachtet“, heißt es. Rumänien steht seit dem EU-Beitritt 2007 unter besonderer Beobachtung, weil damals noch nicht alle EU-Standards für Rechtsstaatlichkeit erreicht waren. Die EU-Kommission ist dafür zuständig, die Einhaltung des EU-Rechts in allen 28 Ländern der Staatengemeinschaft zu überwachen.

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2019 (dpa).