Beamtenernennung darf bei Täuschung über Verfassungstreue zurückgenommen werden

Verschweigt ein Anwärter im Polizeidienst vor seiner Beamtenernennung entgegen seinem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung teils verfassungswidrige Aktivitäten in rechtsextremen Chatgruppen, ist die Ernennung wegen arglistiger Täuschung zurückzunehmen. Dies hat das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden. Je nach Lage des Falls könne insoweit auch die Verpflichtung zur Rückzahlung geleisteter Bezüge bestehen.

Rassistische, antisemitische, homophobe und frauenverachtende Nachrichten versandt

Der Kläger wurde im März 2020 zum Polizeimeisteranwärter ernannt. Im Bewerbungsverfahren sowie bei seiner Ernennung bekannte er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Im Jahr darauf erfuhr der Dienstherr, dass im Zuge von Ermittlungen gegen den Kläger im Februar 2020 zahlreiche Bilder und Videos mit mutmaßlich kinder- und jugendpornografischem Inhalt, Gewaltdarstellungen und Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen aufgefunden wurden. Zudem wurde festgestellt, dass der Kläger in den Jahren 2019 und 2020 aktives Mitglied der Chatgruppe "Grillen gg. Überfremdung" war und Nachrichten rassistischen, antisemitischen, homophoben, frauenverachtenden und fremdenfeindlichen Inhalts versandte sowie nationalsozialistische Propaganda verbreitete. Daraufhin wurde dem Kläger die Ausübung der Dienstgeschäfte verboten und die Ernennung zum Polizeimeisteranwärter unter Rückforderung der Anwärterbezüge zurückgenommen. Hiergegen zog der Kläger vor Gericht - ohne Erfolg.

VG: Beamtenernennung ist bei Täuschung über Verfassungstreue zurückzunehmen

Nach Ansicht des VG hat der Kläger im Vorfeld seiner Ernennung arglistig über sein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit über das Vorliegen der Einstellungsvoraussetzungen getäuscht. Zwar lasse nicht jede der streitgegenständlichen, durch Chatprotokolle dokumentierten Äußerungen ohne weiteres den Schluss auf eine fehlende Verfassungstreue zu. Die Vielzahl und die Extremität der Äußerungen des Klägers zeigten jedoch, dass es nicht nur an einem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung fehle, sondern er diese sogar ablehne.

Rückzahlung der Anwärterbezüge nicht zu beanstanden

Auch die Feststellung, dass der Kläger die ab der Einstellung bis zum Ausscheiden aus dem Dienst gezahlten Anwärterbezüge zurückzahlen muss, sei nicht zu beanstanden. Da der Kläger ganz am Anfang seiner praktischen Ausbildung stand, habe die Polizeihochschule davon ausgehen dürfen, dass er noch keine verwertbare Arbeitsleistung erbracht hat. Es könne daher offenbleiben, ob die Dienstleistung eines Polizeibeamten grundsätzlich als "wertlos" anzusehen sei, wenn in Folge der fehlenden Verfassungstreue eine elementare Voraussetzung für die Tätigkeit fehle.

VG Freiburg, Urteil vom 13.03.2023 - 3 K 2900/22

Redaktion beck-aktuell, 30. März 2023.