Rosneft verklagt Bund wegen Treuhandverwaltung

Der russische Ölkonzern Rosneft verklagt den Bund wegen der Treuhandverwaltung seiner deutschen Töchter. Rosneft habe gestern Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, teilte die Berliner Kanzlei Malmendier auf dem Karrierenetz Linkedin mit. Die Voraussetzungen für eine Zwangsverwaltung lägen nicht vor. "Bis zum heutigen Tage kommt Rosneft seinen Rohöllieferverpflichtungen in vollem Umfang nach, es gibt keine Lieferunterbrechungen und keine Leistungsstörungen", argumentierten die Juristen.

Hintergrund geplantes Öl-Embargo gegen Russland

Die Bundesregierung hatte im September die Mehrheitseigner der brandenburgischen Raffinerie PCK - zwei Rosneft-Töchter - unter staatliche Kontrolle gebracht. Hintergrund ist der Plan für ein Ölembargo gegen Russland, das ab dem 01.01.2023 greifen soll. Deutschland hat sich wegen des Angriffs auf die Ukraine auf EU-Ebene verpflichtet, auf Pipelineöl aus Russland zu verzichten. Dafür soll die Raffinerie über die Häfen Rostock und Danzig versorgt werden. Die PCK-Raffinerie in Schwedt wird gegenwärtig über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert. Über das Werk an der polnischen Grenze wird der Nordosten Deutschlands, darunter Berlin, mit Kraftstoff versorgt.

Rosneft-Anwälte halten EnSiG-Regelungen für verfassungswidrig

Rosneft warf der Bundesregierung schon damals eine "Zwangsenteignung" seiner deutschen Tochterfirmen vor. Die Juristen der Kanzlei Malmendier halten nach eigenem Bekunden Regelungen im deutschen Energiesicherungsgesetz für verfassungswidrig: "Zwangsverwaltung, verbunden mit der Befugnis, die Geschäftsanteile an den deutschen Tochtergesellschaften von Rosneft an Dritte zu veräußern, und dies noch entschädigungslos, ist verfassungsrechtlich schlicht zu viel des Guten."

Klage ohne aufschiebende Wirkung

Die Klage von Rosneft hat nach Angaben der Brandenburger Landesregierung derzeit keine direkten Folgen für die PCK-Raffinerie in Schwedt. "Alles, was jetzt im Augenblick eingerichtet worden ist vom Bund, wird davon nicht beeinflusst, bis es die endgültige Entscheidung dann vom Bundesverwaltungsgericht gibt", sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) heute in Potsdam. Die Klage habe keine aufschiebende Wirkung. Auch auf die Versorgung habe die Klage "überhaupt keinen Einfluss". Er zeigte sich nicht überrascht über die Klage: "Das Gesetz sieht diese Rechtsmittel an der Stelle vor", sagte Steinbach. "Insofern ist das das gute Recht von Rosneft."

Streit auch um Treuhandverwaltung früherer Gazprom Germania

Auch bei der Gasversorgung liegt Deutschland im Streit mit Russland. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Bundesnetzagentur bereits im April als Treuhänderin für die damalige Gazprom Germania eingesetzt, die inzwischen "Securing Energy for Europe" (Sefe) heißt. Der Minister hatte dies mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet. Russland hat die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 inzwischen eingestellt. Der Westen wirft dem Kreml deswegen vor, Energie als Waffe einzusetzen. Moskau hat dies zurückgewiesen.

Redaktion beck-aktuell, 14. Oktober 2022 (dpa).