Gesetzentwurf: Kennzeichenverbot im Vereinsgesetz soll verschärft werden
Die Regierung führt im Gesetzentwurf aus, dass Vereinigungen insbesondere im Bereich krimineller Rockergruppierungen einen "Deckmantel für vielfältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten" könnten. Dem solle durch eine Verschärfung des Vereinsgesetzes begegnet werden. Nach dem Gesetzentwurf sollen Kennzeichen verbotener Vereinigungen sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht mehr weiter genutzt werden.
Fachjournalist äußert Bedenken im Hinblick auf Unschuldsvermutung
Michael Ahlsdorf von der Redaktion "Bikers News" erachtete den Gesetzentwurf "nicht für besonders sinnhaft". Bei einem Verbot der Abzeichen werde man einen "Wust an Codes haben, an Zahlen, an Ziffern, an Farben". Das Spezialistenwissen der Polizei reiche seiner Ansicht nach nicht aus, um anschließend die Rocker und ihre Klientel erkennen zu können. Auch gebe es rechtsstaatliche Bedenken, fügte Ahlsdorf hinzu und verwies auf die Unschuldsvermutung. "Da ist nicht jeder von denen kriminell", betonte Ahlsdorf. Die Gesetzesänderung könne auch verfassungswidrig sein, weil "Unschuldige in Kollektivhaft genommen werden".
Staatsrechtler: Klarer Eingriffstatbestand und profunde Rechtfertigungsgründe erforderlich
Der Staatsrechtler Ulrich Battis bewertete den Gesetzentwurf als "untauglichen Versuch". Das Ziel, bestimmte Kennzeichen aus der Öffentlichkeit zu "verbannen", könne mit dem Entwurf nicht erreicht werden. Auch gehe es um Eingriffe in Grundrechte. "Da sollte man von vornherein einen klaren Eingriffstatbestand haben - und daran fehlt es hier", sagte Battis. Kathrin Groh, Professorin für öffentliches Recht an der Universität der Bundeswehr München, sagte, auch sie sehe einige verfassungsrechtliche Probleme, halte diese Probleme aber nicht für unlösbar. Das neue Kennzeichenverbot werde vom Vereinsverbot entkoppelt, weil Kennzeichen verboten würden, die von erlaubten Vereinen als Identitätszeichen benutzt werden und sich etwa durch Ortszusätze von den Kennzeichen verbotener Vereinigungen unterscheiden. Dieser Eingriff in die Vereinigungsfreiheit bedürfe guter Rechtfertigungsgründe.
Landeskriminalämter betonen Bedeutung von Kennzeichen und Symbolen für Rockergruppierungen
Daniel Heinke vom Landeskriminalamt Bremen betonte, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sei aus strategischer Perspektive der Kriminalitätsbekämpfung "uneingeschränkt zuzustimmen". Die Gesetzesänderung werde sich in erster Linie auf das öffentliche Auftreten von Anhängern sogenannter "Outlaw Motorcycle Gangs" (OMCG) auswirken. Diese "überwiegend kriminellen Rockergruppierungen" stellten eine ernstzunehmende Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Kennzeichnend für sie sei unter anderem ein öffentliches Auftreten, das darauf abziele, gewaltbereit und einschüchternd zu wirken. Dabei komme dem Tragen gemeinsamer Kleidung beziehungsweise Abzeichen eine besondere Bedeutung zu. Auch Thomas Jungbluth vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen betonte, dass Kennzeichen und Symbole für OMCG eine entscheidende Rolle spielten. Das Verbot, zentrale Symbole der OMCG zu verwenden, kriminalisiere nicht die Mitglieder regionaler Ableger, sondern das öffentliche Präsentieren der entscheidenden Symbole und Kennzeichen von OMCG.
Hochschulprofessor: Geplantes Gesetz ermöglicht konsequentes Vorgehen gegen Rocker
Professor Michael Knape von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht sagte, die jetzige Änderung sei ein "Schritt in die absolut richtige Richtung". Damit werde Normenklarheit geschaffen sowie die Voraussetzung, dass die Polizei "auf niedriger Einschreitschwelle konsequent gegen Rocker einschreiten kann" und auch "nicht große Probleme in der Beweisführung hat hinsichtlich der Frage, ob denn der Verein verboten ist". Knape verwies zugleich darauf, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu den wesentlichen Aspekten gehöre, die die Polizei zu beachten habe.