Rockerähnliche Gruppierung "United Tribuns" verboten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat mit Wirkung vom heutigen Tag die rockerähnliche Gruppierung "United Tribuns" verboten. Damit werden der Gesamtverein sowie die 13 "Chapter" als Teilorganisationen aufgelöst, das Vereinsvermögen wird beschlagnahmt und unterliegt der Einziehung. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts sind von dem Verbot knapp 100 Mitglieder in Deutschland betroffen.

Schwerwiegende Gefährdung individueller Rechtsgüter und der Allgemeinheit

Das Bundesinnenministerium (BMI) stellt in der Verbotsverfügung fest, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins einschließlich seiner Teilorganisationen im Inland den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Von dem Verein gehe eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus. Wesensprägend  für den Verein sei insbesondere dessen strafrechtswidrige Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden Rocker- und rockerähnlichen Gruppierungen und anderen Organisationen. In der Vergangenheit kam es laut BMI zu einer Vielzahl teilweise schwerster Straftaten, wie beispielsweise verschiedene Körperverletzungs- und versuchte Tötungsdelikte im Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen, in denen sich die "United Tribuns" zum Beispiel mit konkurrierenden Rockergruppierungen wie den "Hells Angels" gewalttätig auseinandersetzten. Die Mitglieder sind dem BMI zufolge aber auch wegen Sexual- und Menschenhandelsdelikten, Betrugsdelikten oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Tätigkeitsverbot in ganz Deutschland – Verbot von Ersatzorganisationen

"Rockerkriminalität ist von großer Brutalität geprägt. Auseinandersetzungen im Rockermilieu gefährden immer wieder völlig unbeteiligte Menschen", so Innenministerin Faeser. Das Vereinsverbot erfolgt laut BMI in Abstimmung mit den Innenministerien der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Das Verbot sei heute um 06.00 Uhr im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentlicht und den Funktionären des Vereins zugestellt worden. Ebenfalls seit 6.00 Uhr laufen laut BMI Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen. Laut Verfügung dürfen ab heute keine Kennzeichen der "United Tribuns" und seiner Teilorganisationen verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet werden. Dem Verein und seinen Teilorganisationen ist auch jede Tätigkeit in Deutschland untersagt. Ferner ist es verboten, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen.

Machtzuwachs innerhalb des Rockermilieus angestrebt

Die rockerähnliche Gruppierung "United Tribuns" wurde laut BMI 2004 von einem ehemaligen bosnischen Boxer in Villingen-Schwenningen gegründet. Dieser sei infolge des Bosnienkriegs aus Prijedor (Bosnien-Herzegowina) als Flüchtling nach Deutschland gekommen und habe sich zunächst als Türsteher im Großraum Villingen-Schwenningen betätigt. Zusammen mit weiteren Personen aus dem Türsteher-, Rocker- und Rotlichtmilieu habe er zwei Bordelle eröffnet. Die "United Tribuns" seien neben der rockerähnlichen Gruppierung "Black Jackets" zu einer der mächtigsten und mitgliederstärksten Gruppierungen in Deutschland aufgstiegen. Die "United Tribuns" stellten sich nach außen als eine "Bruderschaft" mit Affinität zum Kampfsport und Fitnessmilieu dar. Ihr tatsächlicher Zweck sei es jedoch, so das BMI, einen Machtzuwachs innerhalb des Rockermilieus zu erzielen. Dies werde regelmäßig auch mit Gewalt, insbesondere gegenüber anderen Rocker- beziehungsweise rockerähnlichen Gruppierungen, versucht durchzusetzen.

BMI verfolgt bei Bekämpfung der Rockerkriminalität ganzheitlichen Ansatz

Der Bund hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums gemeinsam mit den Bundesländern bereits 2010 eine Rahmenkonzeption erstellt, die einen ganzheitlichen Ansatz der Bekämpfung der Rockerkriminalität verfolgt. Die Zuständigkeit der Umsetzung geeigneter repressiver und präventiver Maßnahmen obliege grundsätzlich den örtlich zuständigen Polizeibehörden. Das BMI habe auf Grundlage des Vereinsgesetzes die Möglichkeit, ein Bundesverbot gegen Gruppierungen auszusprechen, sofern diese Gruppierungen mehr als ein Bundesland tangieren und sie in ihrem Zweck oder ihrer Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Ziel sei es hierbei, die Bevölkerung vor Straftaten zu schützen, die von der Gruppierung ausgehen. Das Bundeskriminalamt werde als Zentralstelle unterstützend und beratend tätig, beispielsweise in Form von Fachexpertise und Koordination. Auch würden mögliche gefährdungsrelevante Entwicklungen zeitnah festgestellt, um geeignete polizeiliche Maßnahmen einleiten zu können.

Gitta Kharraz, 14. September 2022.