Risikoreduzierungsgesetz soll Bankensektor krisenfester machen

Ein vom Bundeskabinett am 29.07.2020 beschlossener Entwurf für ein "Risikoreduzierungsgesetz" soll die Stabilität des Bankensektors und den Schutz der Steuerzahler und Anleger stärken. Sichergestellt werden soll unter anderem, dass Gläubiger und Eigentümer einer Bank sowie der Bankensektor insgesamt die Kosten etwaiger Bankenrettungen tragen, nicht aber die Steuerzahler. 

Bessere Absicherung in Stressphasen

Mit dem Risikoreduzierungsgesetz setzt die Bundesregierung zwei Richtlinien des EU-Bankenpakets zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor um (RL (EU) 2019/878 und (EU) 2019/879). Zur Risikoreduzierung würden die Kapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken im Einklang mit internationalen Standards gestärkt, erläutert das Bundesfinanzministerium. Dadurch sollen Banken in Stressphasen besser abgesichert sein.

Große Banken müssen Verlustpuffer vorhalten

Der Gesetzentwurf stelle sicher, dass krisenbedingte Verluste von Banken von deren Investoren und nicht mehr vom Steuerzahler getragen werden. Große Banken müssten künftig Verlustpuffer von mindestens 8% ihrer Bilanzsumme vorhalten, die im Krisenfall Verluste abfedern. Besonders von Verlustrisiken betroffene Anleihen dürften nur in einer Stückelung von mindestens 50.000 Euro vertrieben werden. Damit werde ein im Bankenpaket vorgesehenes nationales Wahlrecht der Mitgliedstaaten genutzt und der Anlegerschutz erhöht.

Refinanzierung künftig langfristiger zu gestalten

In der letzten Krise seien Banken durch eine zu hohe Verschuldung und eine zu kurzfristige Refinanzierung hohe Risiken eingegangen. Mit dem Bankenpaket sollen die Lehren daraus gezogen und eine verbindliche Verschuldungsquote, definiert als das aufsichtliche Kernkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme, von 3% eingeführt werden, so das Finanzministerium. Für die größten globalen systemrelevanten Banken gölten mit Mindestquoten von 3,5% bis 4% der Bilanzsumme dabei zukünftig höhere Anforderungen. Zudem werde eine neue Anforderung zur Stärkung der Liquidität im Bankenpaket eingeführt. Sie verpflichte Banken, ihre Refinanzierung langfristiger zu gestalten (Net Stable Funding Ratio, NSFR). Überarbeitet worden seien auch die makroprudentiellen Instrumente, insbesondere Kapitalpuffer, mit denen Aufsichtsbehörden auf potentielle Risiken für die Finanzstabilität präventiv reagieren können. Diese würden einfacher anwendbar und klarer abgegrenzt.

Erleichterungen für kleinere Kreditinstitute

Deutschland habe sich beim Bankenpaket nachdrücklich und erfolgreich für das Prinzip der Proportionalität eingesetzt, meldet das Bundesfinanzministerium weiter. Hier gehe es um zielgerichtete, passgenaue Konzepte für Banken mit wenig komplexen Geschäftsmodellen, auf die einige der in Basel für Großbanken ausgearbeitete Regeln nicht passen. So könnten sich diese Banken besser auf ihre Kernaufgabe, die Kreditversorgung mittelständischer Unternehmen, konzentrieren. Zur Stärkung der Proportionalität werde erstmals eine klare Definition für "kleine und nicht komplexe Institute" geschaffen. Mit dem Risikoreduzierungsgesetz werde festgelegt, dass alle Institute unter fünf Milliarden Euro Bilanzsumme von diesen Erleichterungen profitieren könnten. Deutschland schöpfe damit den europarechtlichen Spielraum zur Stärkung der Proportionalität vollständig aus. Diese Institute würden beispielsweise von Erleichterungen durch eine vereinfachte Berechnungsmethode bei den neuen Liquiditätsvorgaben (simplified Net Stable Funding Ratio, NSFR) profitieren.

Förderung volkswirtschaftlich sinnvoller Investitionen

Volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen würden mit dem Bankenpaket erleichtert. Dazu werde die Eigenkapitalentlastung für Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen – der sogenannte KMU-Unterstützungsfaktor – gestärkt. Das Anwendungsdatum des KMU-Unterstützungsfaktors sei vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie von Mitte 2021 auf Mitte 2020 vorgezogen worden.

Beaufsichtigung der Förderbanken nach nationalen Regelungen

Die selbstständigen Förderbanken der Länder sowie die Landwirtschaftliche Rentenbank würden der Förderbank des Bundes, der KfW, materiell gleichgestellt. Diese Banken würden künftig nach nationalen Regelungen beaufsichtigt, die weitgehend dem europäischen Recht entsprechen. Damit werde die Einheitlichkeit in der deutschen Förderlandschaft verbessert.

Redaktion beck-aktuell, 29. Juli 2020.