Risiko für Stuhl-Miete bei coronabedingter Messeabsage fast hälftig zu teilen

Das Amtsgericht München hat einer Messeausstatterin nach einer coronabedingten Messe-Absage die Hälfte der Kosten für die Miete von Stühlen für einen Messestand zugesprochen. Es handele sich um eine Störung der Geschäftsgrundlage. Der Absage-Grund falle weder allein in die Sphäre der Vermieterin noch in die des Mieters. Einen Abschlag von einer hälftigen Teilung müsse sie aber hinnehmen, weil sie wegen der Auftragsstornierung nicht das Risiko einer Abnutzung oder Beschädigung seines Mobiliars getragen habe.

Bestuhlungsauftrag nach Messe-Absage Messe storniert

Der Beklagte, ein Fachverband aus der Betonsparte, hatte mit der Klägerin, eine Messeausstatterin, Ende 2019/Anfang 2020 einen Vertrag über die Bestuhlung seines Standes bei der Messe IFAT 2020 abgeschlossen. Die Messe, die eigentlich im Mai 2020 hatte stattfinden sollen, wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Daraufhin stornierte die Beklagte im März 2020 den Auftrag. Die Klägerin meinte, dass der Beklagte die Hälfte der vereinbarten Miete (knapp 1.500 Euro) für das Mobiliar zahlen müsse. Kosten für Auf- und Abbau et cetera würden nicht verlangt. Der Beklagte meinte, der Klägerin sei die Leistung infolge der Absage der Messe unmöglich geworden.

AG München verneint Unmöglichkeit der Leistung

Das AG München hat der Klägerin weitgehend Recht gegeben. Zur Zeit der Kündigung des Mietvertrages im März 2020 sei die Leistung der Klägerin noch nicht fällig gewesen, sodass sich die Frage nach der Möglichkeit der Leistung noch nicht gestellt habe und sich wegen der Kündigung auch später nicht mehr stellte. Aber auch wenn man auf den geplanten Leistungszeitraum (Anfang Mai 2020) abstelle, fehle es an der Unmöglichkeit der Vermieterleistung, so das Gericht. Das vermietete Mobiliar sei vorhanden gewesen und hätte dem Beklagten angeliefert werden können. Auch eine Anlieferung in der Messehalle Anfang Mai 2020 sei (technisch/logistisch) möglich gewesen, das dazu notwendige Einverständnis des Gebäudebesitzers (Messe München) hätte von dem Beklagten eingeholt werden müssen.

Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages 

Die Absage der Messe und die damit verbundene auf der Hand liegende Sinnlosigkeit, einen Messestand mit gemieteten Möbeln zu bestücken, führen nach Auffassung des AG München auch nicht dazu, hierin bloß das Verwendungsrisiko der Mietsache zu sehen, das allein der Mieter zu tragen habe und das den Anspruch auf die Miete nicht entfallen lasse. Die wegen der Corona-Pandemie erfolgte Absage der Messe stelle vielmehr eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages dar (§ 313 BGB). Der mit dem Mietvertrag verfolgte Zweck, dem Beklagten einen Auftritt auf der Messe zu ermöglichen, sei von beiden Vertragsparteien verfolgt worden und dürfte sogar zum Geschäftsmodell der Klägerin zählen. Der in der Corona-Pandemie liegende Grund der Messeabsage falle weder allein in die Sphäre der Klägerin noch in die des Beklagten, sondern treffe beide Parteien gleichermaßen.

Mietvertrag anzupassen

Nach § 313 Abs. 1 BGB sei der Mietvertrag anzupassen. Da dieser wegen des Zeitablaufs nicht weiter durchführbar ist, könne es nur noch darum gehen, wie sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage auf den Entgeltanspruch der Klägerin auswirkt. Dem Standpunkt des Beklagten sei nicht zu folgen. Dieser würde dazu führen, dem Beklagten ein außerordentliches Kündigungsrecht zuzubilligen, mit dessen Hilfe sie sich des unnötigen, sinnentleerten Vertrages entziehen könne. Dies berücksichtige nicht, dass auch er vertraglich das Verwendungsrisiko an der Mietsache übernommen hatte und sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht einseitig zum Nachteil der Klägerin auswirken kann.

Fast hälftige Teilung der Mietkosten 

Andererseits erscheine dem Gericht allein eine Halbierung der vereinbarten Miete nicht ganz zutreffend. Die Klägerin sei vorliegend von ihrer gesamten Leistung frei geworden und habe die zur Abwicklung des Mietvertrages notwendigen Aufwendungen nicht tätigen müssen. Sie habe auch das Risiko, dass die vermieteten Gegenstände abgenutzt oder beschädigt werden, nicht getragen. Der Klägerin sei daher (nur) ein Entgelt von 1.200 Euro zuzubilligen. 

AG München, Urteil vom 28.06.2021 - 191 C 15959/20

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2021.