Richterwechsel am BVerfG: Paulus geht – Wolff kommt

Nach Ablauf seiner 12-jährigen Amtszeit ist am vergangenen Freitag Bundesverfassungsrichter Andreas Paulus aus dem Amt geschieden. Er wurde im März 2010 durch den Bundestag zum Mitglied des Ersten Senats gewählt und zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Er bekam nun von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wegen seiner Verdienste für Deutschland das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband überreicht. Als Nachfolger wurde bereits Heinrich Amadeus Wolff ernannt.

Jurastudium im In- und Ausland

Andreas L. Paulus wurde 1968 in Frankfurt am Main geboren. Von 1988 bis 1994 studierte er Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen, der Université de Genève und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach Abschluss beider juristischer Staatsexamina in den Jahren 1994 und 1996 war er zunächst Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationales Recht der Ludwig-Maximilians-Universität München am Lehrstuhl für Völkerrecht und Rechtsphilosophie. Daran schloss sich von 1996 bis 1997 ein Forschungsaufenthalt an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts/USA an.

Promotion und Habilitation an der LMU

Von 1999 bis 2005 arbeitete Paulus als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Internationales Recht der Ludwig-Maximilians-Universität München am Lehrstuhl für Völkerrecht und Rechtsphilosophie. Dort wurde er im Jahr 2000 mit einer Arbeit über "Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht" zum Doktor der Rechte promoviert und mit dem Fakultätspreis ausgezeichnet. Von 2000 bis 2005 hatte er einen Lehrauftrag an der Ludwig-Maximilians-Universität München inne und war von 2003 bis 2004 zugleich Visiting Assistant Professor an der University of Michigan Law School, Ann Arbor, Michigan/USA. Im Jahr 2003 wurde er mit dem Bayerischen Habilitationsförderpreis ausgezeichnet. 2006 hat er sich mit der Arbeit "Parlament und Streitkräfteeinsatz in rechtshistorischer und rechtsvergleichender Perspektive" an der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitiert. Im gleichen Jahr wurde ihm die Venia Legendi für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Verfassungsgeschichte und Rechtsphilosophie verliehen. Seit dem Jahr 2006 hat er einen Lehrstuhl für öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht, an der Georg-August-Universität Göttingen inne.

Paulus seit 2010 Bundesverfassungsrichter

Paulus wurde 2010 zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Sein Dezernat war seit seinem Amtseintritt zuständig für das Recht des geistigen Eigentums, die Kunstfreiheit, das Glücksspielrecht, das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben und der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, teilweise das Dienst- und Werkvertragsrecht, das Betreuungsrecht, das Bau- und Bodenrecht einschließlich des Erschließungsrechts, das Erbrecht, und das Wettbewerbsrecht. Paulus hat eine Reihe von bedeutenden Senatsverfahren als Berichterstatter vorbereitet.

Bedeutende Senatsverfahren mitentschieden

Nur beispielhaft seien aufgeführt die Entscheidungen zum Grundrechtsschutz juristischer Personen aus der Europäischen Union und zum Verbreitungsrecht nach dem Urheberrechtsgesetz (in GRUR 2012, 53), zur Vergütungsanpassung im Urheberrecht (in NJW 2014, 46), zum degressiven Zweitwohnungsteuertarif (in NVwZ 2014, 1084), zur Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge (BeckRS 2014, 53923), zu landesrechtlichen Einschränkungen für Spielhallen (in NVwZ 2017, 1111), zur Erhebung des Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung und im nicht privaten Bereich (in NZM 2019, 298), zur erweiterten Datennutzung nach dem Antiterrordateigesetz (in ZD 2021, 205) und zur Festsetzungsverjährung bei Erschließungsbeiträgen (in NVwZ 2022, 59). Zudem war er Berichterstatter in zahlreichen Kammerverfahren, die von Fragen des gesetzlichen Richters in Angelegenheiten des Unionsrechts über die Härtefallklausel beim Rundfunkbeitrag und den Emissionshandel bis zur Berücksichtigung des Grundrechts auf Familie bei der Betreuerbestellung und zur Sportschiedsgerichtsbarkeit reichten. Von 2018 bis 2021 war Paulus Vorsitzender und ist seitdem stellvertretender Vorsitzender des Präsidiums der Deutschen Sektion der Internationalen Juristenkommission e. V.

Wolff als Nachfolger gewählt

Als Nachfolger wird Heinrich Amadeus Wolff, geboren am 25.06.1965 in Heidelberg, in den Ersten Senat eintreten. Wolff wurde am 02.06.2022 vom Bundestag zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Seit 2014 ist er Universitätsprofessor an der Universität Bayreuth und hat einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Recht der Umwelt, Technik und Information inne.

Gitta Kharraz, 7. Juni 2022.