Richterliche Hinweispflicht bei Einziehung

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Großen Strafsenat am 14.04.2020 die Frage vorgelegt, ob der Tatrichter dem Angeklagten einen richterlichen Hinweis auf die beabsichtigte Einziehung der Beute erteilen muss, wenn bereits in der Anklageschrift alle Umstände beschrieben sind, die die Einziehung zwingend zur Folge haben. Er möchte dies verneinen, sieht sich aber durch die Rechtsprechung des 1. Strafsenats daran gehindert.

Angeklagter war bestechlich

Dem Revisionsführer wird unter anderem vorgeworfen, dass er unter Verletzung seiner Dienstpflicht den Verkauf von zwei Grundstücke an die Verwertungsgesellschaft des Mitangeklagten eingefädelt habe. Diese Gesellschaft habe die Grundstücke teurer weiterveräußert und den Gewinn anschließend vereinbarungsgemäß unter den Beteiligten aufgeteilt.

Weder in der Anklageschrift noch in der Hauptverhandlung ist der Angeklagte ausdrücklich auf die Einziehung der Beute nach den §§ 73, 73c StGB hingewiesen worden. Erst im Urteil wurde neben dem Strafausspruch die Einziehung in Höhe von 68.300 Euro angeordnet. Der Angeklagte legte Revision ein und erhob die Verfahrensrüge wegen Verstoßes gegen die richterliche Hinweispflicht nach § 265 StPO.

5. Senat hält Verfahrensrüge für unbegründet

Der 5. Senat möchte die Revision verwerfen, weil er der Ansicht ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 265 StPO nicht gegeben sind: Es gebe im obigen Fall keinerlei nachträgliche Umstände, die eine Hinweispflicht begründeten. Vielmehr seien dem Angeklagten seit Erhalt der Anklageschrift alle Umstände bekannt gewesen, die die Einziehung zur Folge haben. Er habe deshalb seine Verteidigung von Anfang an auch auf die Einziehung ausrichten können. Da die anderen Strafsenate die Hinweispflicht nach § 265 StPO aber teilweise anders auslegen, ruft der 5. Senat zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung den Großen Senat für Strafsachen an (§ 132 Abs. 2 und 4 GVG).

BGH, Beschluss vom 14.04.2020 - 5 StR 20/19

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2020.

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