Richterbund lehnt Gesetzentwurf zur Beschleunigung sozialgerichtlicher Verfahren ab

Der Deutsche Richterbund lehnt die Verfahrensvereinfachungen, die der Gesetzentwurf des Bundesrats zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (BT-Drs. 19/1099) enthält, ab. Wie er in seiner Stellungnahme vom März 2018 bekräftigt, sei eine wirksame Entlastung der Sozialgerichte nur durch mehr Personal und durch Vereinfachungen im materiellen Sozialrecht zu erreichen, nicht aber durch weitere Eingriffe in das Prozessrecht.

Bundesrat will Sozialgerichte entlasten

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 02.02.2018 beschlossen (BR-Drs. 29/18 (B)), einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der  wegen Ablaufs der 18. Wahlperiode der Diskontinuität unterfallen war, erneut in den Bundestag einzubringen. Mit dem vorgeschlagenen Gesetz will der Bundesrat die Sozialgerichte durch Vereinfachungen vor allem im Prozessrecht entlasten. So sollen mehr Einzelrichter ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Beisitzer entscheiden (konsentierter Einzelrichter). Außerdem ist in "Höheverfahren" vorgesehen, die gerichtliche Überprüfungspflicht bei übereinstimmender Erklärung der Beteiligten auf Teile des Streitgegenstandes zu beschränken, um unnötige Prüfungen unstreitiger Berechnungskomponenten zu vermeiden. Ferner sollen die Landessozialgerichte über eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, sofern sie ihren Beschluss einstimmig fällen.

DRB: Mehr Personal und Vereinfachungen im materiellen Sozialrecht statt weitere Verfahrenseingriffe

Der Deutsche Richterbund bekräftigt seine schon zum früheren Entwurf geäußerte Ablehnung. Zwar sei die Belastungssituation der Sozialgerichtsbarkeit bundesweit anhaltend hoch. Das Bild sei in den Ländern jedoch uneinheitlich. Steigende Eingangszahlen seien nicht für alle Länder festzustellen. Insbesondere der starken Belastung durch den aufgelaufenen Verfahrensbestand träten einige Länder bereits heute durch Bemühungen entgegen, die seit Jahren unzulängliche Personalerstattung der Gerichte auf das notwendige Maß anzuheben. Dies sei der richtige Weg. Wirksame Abhilfe sei durch genügend Personal sowie durch Vereinfachungen im materiellen Sozialrecht zu schaffen statt durch weitere Eingriffe in das Prozessrecht zur Verfahrensbeschleunigung, die oft auf Kosten der Rechte der Verfahrensbeteiligten gingen.

Alternativvorschlag zu geplanter Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungspflicht

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen sieht der DRB kein praktisches Bedürfnis. Zudem würden sie der Bedeutung der ehrenamtlichen Richter in der Sozialgerichtsbarkeit nicht gerecht. Die im Entwurf vorgesehene Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungspflicht würde laut DRB zu unlösbaren dogmatischen Problemen führen, die erhebliche Unsicherheiten zur Folge hätten. Streitgegenstand und Überprüfungsumfang der Gerichte müssten aus rechtsstaatlichen Gründen deckungsgleich sein. Als Alternative schlägt der Verband vor, eine Eingrenzung des Streitgegenstandes der Gerichtsverfahren zu ermöglichen und gegebenenfalls ergänzend eine Elementenfeststellungsklage einzuführen.

Redaktion beck-aktuell, 21. März 2018.