Unzumutbare Haftbedingungen verhindern immer häufiger die Auslieferung von Straftätern ins europäische Ausland. Problematische Zustände gebe es vor allem in osteuropäischen Staaten und der Türkei, sagte der Richter und Organisator einer Juristentagung in Bremen, Klaus-Dieter Schromek, am 09.05.2017. Dem Juristen zufolge haben zuletzt mehrere deutsche Gerichte eine Auslieferung von Menschen, die per europäischem Haftbefehl gesucht werden, wegen der Haftbedingungen untersagt.
Dramatische Folgen befürchtet
Die Teilnehmer der Konferenz sehen in der Entwicklung ein großes Problem, wie Schromek berichtete. "Es kann dramatische Folgen haben", sagte er. So sei es möglich, dass eine wegen einer Straftat europaweit gesuchte Person frei gelassen werden muss, weil es hier keine Erkenntnisse über die Vorwürfe gibt und sie wegen der Haftbedingungen nicht ausgeliefert werden darf. "Das ist eine Gefahr für die Strafverfolgung insgesamt."
Keine genauen Zahlen bekannt
Das Bundesjustizministerium bestätigte die Entwicklung, konnte zu verhinderten Auslieferungen aber keine genauen Zahlen nennen. Um eine effiziente Strafverfolgung zu ermöglichen, müssten ausreichende Haftbedingungen in allen EU-Staaten hergestellt werden, teilte eine Sprecherin mit.
Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2017 (dpa).
Aus der Datenbank beck-online
Oehmichen, Verfassungs- und europarechtliche Grenzen der Auslieferung, StV 2017, 257
Böhm, Aktuelle Entwicklungen im Auslieferungsrecht, NStZ 2017, 77
Riegel/Speicher, Die Haftsituation im ersuchten Staat als Auslieferungshindernis, StV 2016, 250
Aus dem Nachrichtenarchiv
OLG Hamm, Haftbedingungen in rumänischen Gefängnissen verhindern Auslieferung, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 07.11.2016, becklink 2004840
EuGH, Vollstreckung eines EU-Haftbefehls bei echter Gefahr unmenschlicher Behandlung im Ausstellungsstaat aufzuschieben, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 05.04.2016, becklink 2002899