Rheinland-pfälzischer Verfassungsrichter Hassemer rechtfertigt Klimaproteste

Der Richter am Verfassungsgerichtshof Koblenz, Michael Hassemer, hält die aktuellen Klima-Proteste der "Letzten Generation" für gerechtfertigt. Etwaige Straftaten der Klimaaktivisten könnten unter Umständen unter § 34 StGB fallen, sagte Hassemer dem SWR. Demnach sei eine Tat nicht rechtswidrig ist, wenn nur durch sie eine Gefahr abgewendet werden könne. Den Klimawandel verstehe er ohne weiteres als eine derartige rechtfertigende Notstandssituation.

Eine Entscheidung des Einzelfalls

Insofern hält Hassemer den Freispruch eines Baumbesetzers unter Berufung auf § 34 StGB vor dem AG Flensburg für richtig. "Die Konsequenzen, die der Menschheit durch das Unterlassen von Klimaschutzmaßnahmen entstehen, sind jedenfalls so gravierend, dass Rechtsbeeinträchtigungen durch Protest bis zu einem gewissen Maß durch Notstand gerechtfertigt und darum hinzunehmen sind", so Hassemer. Allerdings müsse jeder Fall einzeln betrachtet werden. "Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung wird jeweils darauf zu achten sein, wie schwer der jeweilige, durch den Protest verursachte Rechtsgutseingriff ausfällt", erläutert er. "Wenn man sich auf der Straße festklebt, geht ja erst mal nichts kaputt, und wir leben in einem Land der Falschparker und Rettungsgassenverweigerer."

Protestaktionen der "Letzten Generation" rechtlich umstritten

Die Protestaktionen der "Letzten Generation" sind juristisch umstritten. Derzeit werden die Demonstranten in fast allen Fällen wegen Nötigung, Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt. Die Demonstranten nehmen die Strafen bewusst in Kauf. Sie sind der Auffassung, dass nur Protestaktionen, die massiv stören, wahrgenommen werden und die Gesellschaft aufrütteln können, um die Erderwärmung einzudämmen.

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2022.