Vorschlagsliste nach Entlastungspotential kategorisiert
Per Online-Befragung hat die Bundesregierung herausgefunden, welche bürokratischen Verfahren Unternehmer, Arbeitnehmer, Freiberufler und Vereine in Deutschland am meisten stören und plagen. Aus den Antworten der 57 Verbände, die sich daran beteiligt haben, hat der für Bürokratieabbau verantwortliche Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Benjamin Strasser (FDP) jetzt mit Hilfe des Statistischen Bundesamtes eine Liste von 442 Vorschlägen erstellt, die für möglichst viel Entlastung sorgen sollen. Sortiert ist dieses Wünsch-Dir-Was des Bürokratieabbaus nach Kriterien wie etwa Erfüllungsaufwand, Beschleunigungspotential und Reichweite. Außerdem wurde geschaut, inwieweit Betroffene die rechtlichen Vorgaben, beziehungsweise das Verfahren, auf das sich ein Vorschlag bezieht, als nicht nachvollziehbar erleben.
Vereinfachungen etwa bei Mobilnetzausbau und Vergabeverfahren gefordert
Ein Vorschlag, der in die am Freitag in Berlin veröffentlichte Liste aufgenommen wurde, sieht beispielsweise vor, Unternehmen, die Mobilnetze betreiben, grundsätzlich das Recht zur Grundbucheinsicht einzuräumen, um schneller an private Eigentümer für Funktürme geeigneter Grundstücke und Gebäude herantreten zu können und so den Mobilnetzausbau zügiger voranzubringen. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen wünscht sich, Vergabeverfahren einfacher zu gestalten, sodass sich jedes private Busunternehmen künftig an Ausschreibungen beteiligen kann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund schlägt Vereinfachungen bei der Beantragung von Rehamaßnahmen vor. Damit könnte nach seiner Ansicht in etlichen Fällen eine Erwerbsminderung oder ein vorzeitiger Austritt aus dem Arbeitsleben vermieden werden. Er schlägt dazu einen Grundantrag für Rehabilitation vor.
Bürokratie in Genehmigungsverfahren beklagt
Die Auswertung der eingegangenen Vorschläge zeigt aber auch einige generelle Probleme auf. So fordern sowohl der Bundesverband der Deutschen Industrie als auch der Deutsche Bauernverband und der Verband kommunaler Unternehmen, dass Behörden verpflichtet werden sollen, bei Genehmigungsverfahren innerhalb bestimmter Fristen zumindest zu prüfen, ob alle notwendigen Unterlagen eingereicht wurden oder ob noch etwas fehlt. "Oft wird die Prüfung der Antragsunterlagen auch durch nur stückweise Nachforderung von Unterlagen immer weiter in die Länge gezogen", klagt der Bauernverband. Er schlägt ein Zeitfenster von drei Monaten für die Nachforderung von Unterlagen vor. Nach Ende dieses Zeitraums solle der Antrag als vollständig gelten.
Buschmann plädiert für europäische Entbürokratisierungsinitiative
Von den 442 Vorschlägen hat das Statistische Bundesamt 157 Vorschläge in die sogenannte Kategorie 1 einsortiert. Das heißt, sie gelten als "potentiell geeignet für unmittelbare gesetzliche Maßnahmen der Ressorts oder in einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz". Ein Blick auf die Liste zeigt, dass es Hausaufgaben für alle Ministerien gibt. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), in dessen Haus die Koordinierung des Bürokratieabbaus der gesamten Regierung angesiedelt ist, sagt: "Mir ist natürlich klar, dass viele Politiker am Bürokratieabbau vor allem dann Freunde haben, wenn die Pläne noch eher abstrakt sind. Wenn es dann konkret wird, wird der Kreis der Freunde leider schnell kleiner." Wo EU-Recht Vorgaben setze, die national nicht geändert werden könnten, sollte man das Thema mit der EU-Kommission angehen. Er plädiert für eine europäische Entbürokratisierungsinitiative.